Jeder Mensch braucht dann und wann ein bisschen Wüste
Sven Hedin, 1865 – 1952
Seit vielen Jahren träumen wir davon, nocheinmal bei den Mandara Seen zu campen, im Akkakus zu wandern oder im Maridet am Lagerfeuer zu sitzen. Die Tour ist gut vorbereitet und geplant, unser tunesischer Freund Mouldi hat für uns die Einreiseformalitäten vorbereitet und den libyschen Guide organisiert. Jetzt sind wir erwartungsvoll und gespannt.
Die Strecke führt diesmal von Ghadames gleich südlich entlang der algerischen Grenze durch den Erg Urbari (Idhan Awbari) zu den Mandara Seen, ins Maredit, dann weiter in das Akakus Gebirge.
Die Gruppe mit 5 Autos ist gut abgestimmt – wir sind ja nicht zum ersten Mal gemeinsam unterwegs. Alle haben Erfahrungen im Sand, sind entsprechend vorbereitet und ausgerüstet.
Es kann los gehen!
23. Oktober – 13. November 2010
Die Crew:
Janine und Martin mit Toyota J12
Gabi und Jürgen mit Toyota J12
Josefa und Rudi mit Toyota Landcruiser J95
Maria und Wolfgang mit Toyota Landcruiser J95
Martin und Rainer mit Nissan Navara
Herbert und Gerhard mit Landrover Defender
Unser Guide: Mouldi Oueslati mit Suleman und Machmud aus Libyen
Wir beginnen unsere Reise in Südtirol, wo wir uns mit Josefa und Rudi zum Törggelen treffen. Am CP in St. Josef am Kalterersee frieren wir uns der Wüste entgegen.
Der nächste Morgen beginnt zeitig, wir sind am Weg nach Genua, der Rest der Wüstenhungrigen und Abenteuerlustigen wartet im Hafen. Das Einschiffen verläuft planlos wie immer. Die vielen „Wüstenautos“ mit unterschiedlichsten Ausstattungen machen das Warten kurzweilig. Ich nehme meine Kaffeeküche in Betrieb, sie ist ein beliebter Treffpunkt.
Wir sind bei den Letzten die auf’s Schiff dürfen, obwohl wir vorne eingereiht waren.
Kein Problem, das kennen wir!
Probleme macht uns nur die Grippe, die zuerst Wolfgang erwischte (in Kaltern?) und dann auch mich. Die Überfahrt wird beinahe gänzlich verschlafen, am nächsten Tag (Sonntag) sind wir bereits um 14h 30 in Tunis.
Unser tunesischer Freund Mouldi Oueslati erwartet uns mit seiner Frau Rim und der kleinen Nadia im Hafen La Goulette. Ein fröhliches Wiedersehen!
Mouldi führt uns schon zum 4 x durch seine Heimat, er kennt sich auch in Libyen gut aus. Der Besuch bei seiner Familie mit Cous Cous von der Mama und den köstlichen Brig (tunesische Teigtaschen) sind schon legendär. Wir planen das Treffen als netten Ausklang unserer Reise ein. Info: saharareisen-oueslati.npage.de
Mouldi hat für uns ein schönes Hotel bei Tunis gebucht, das hat sich schon oft bewährt. Meistens kommt die Fähre nämlich spätabends an, da wollen wir keinen Nachtplatz mehr suchen müssen – schon gar nicht in Stadtnähe! Dort stärken wir uns bei einem tollen Buffet mit vielen landestypischen Spezialitäten. Jetzt wird noch die Tour besprochen, dann freuen sich alle auf den nächsten Tag, wenn es endlich los geht.
Das Frühstück ist reichhaltig, um 8h15 sind wir schon startklar. Es hat 23° bei wolkenlosem Himmel. Die Besichtigung von El Jem mit dem großartigen römischen Amphietheater ist mit Schweißausbrüchen durchwachsen, die Grippe hat uns noch fest im Griff.
Trotzdem genießen wir die abwechslungsreiche Fahrt durch Tunesien bis wir in Metameur unseren bekannten Nachtplatz finden. Die überschwängliche Bergrüßung ist typisch für die Gastfreundschaft der Tunesier! Wir nächtigen ja schon zum 4. Mal hier, denn im Innenhof des alten Ksar steht man in wunderbarer Kulisse.
Reisen veredelt den Geist und räumt mit all unseren Vorurteilen auf
(Oscar Wilde 1854 – 1900)
Der Muezzin weckt uns lautstark um 5h früh, trotzdem wird die geplante Abfahrt von halb 8h auf halb 10h verschoben. Ok, wir müssen uns erst einspielen!
Das Frühstück in der Morgensonne will ja auch genossen werden!
An der libyschen Grenze geht es dafür sehr rasch, kurz nach 11h sind wir schon durch. Hier hat Mouldi sein hilfreiches Händchen im Spiel, denn der Grenzbeamte kontrolliert just das Auto, wo mit Sicherheit kein Alkohol gebunkert ist. Die deutsche Gruppe hinter uns musste den gesamten Rotwein-Vorrat vor dem Auge des Gesetztes in den Kanal leeren. Nicht auszudenken, wenn ich das ganze Stiegl Bier & Co. hätte ausschütten müssen!!!
Versicherung und Visum kosten € 260,- + € 55 p.Pers. und schon geht es Ri. Zuara in den Süden.
Um 16h sind wir schon in Nalut, die Besichtigung fällt eher kurz aus, weil die meisten von uns die alte Speicherburg schon kennen. Aber immer wieder faszinierend! Der Nachtplatz am Weg nach Ghadames liegt in einer windigen Ebene, es ist kalt bei 4°, das Lagerfeuer wärmt. Die Fahrt nach Ghadames ist endlos, Abwechslung bieten nur die vielen Baustellen.
In Ghadames gibt es einen netten CP, zuvor wird noch gebunkert. Wir füllen alle Dieselkanister für die kommende Wüstenpassage, ca. 80l pro Auto! Im schweren Gelände verdoppelt sich der Dieselverbrauch in etwa. Macht gar nichts, der Liter kostet 40 Cent!!!
Die englische Führung durch die alte Stadt ist ausführlich und aufschlussreich. Obwohl wir schon 2x hier waren, entdeckt und erfährt man immer wieder Neues. Die Ausschmückung der Zimmer war Frauenarbeit.
Jetzt lernen wir unseren libyschen Guide kennen, Suleman, sowie den Polizisten Machmud, den wir verpflichtend zu unserm Schutz mitnehmen müssen. Die beiden fahren im eigenen Auto, einem uralten Toyota. Jetzt geht es endlich ab auf die Piste. Zuerst riesige, ebene Steinwüste, dann Berge. Auch in der Wüste kann man „furten“! Richtung Hassi Ifertas haben wir dann endlich Sandwüste mit Dünenpassagen vom Feinsten. Hier finden wir auch unseren stimmungsvollen Nachtplatz.
Auto abgestellt, Bierdose aufgemacht und rauf auf die Dünen…
Jetzt lassen wir das Gefühl kommen, das einem nicht mehr los läßt, wenn man einmal diese wunderbare Weite und Stillle erlebt hat. Man sitzt nur und staunt! Es ist mit nichts zu vergleichen. Bevor die Sonne untergeht wandern wir ein paar Dünenkämme entlang, unser Lager halten wir gut im Auge, man kann sich leicht verlaufen in dieser Unendlichkeit. Untertags wurde schon Holz gesammelt, das Lagerfeuer ist ein wichtiger Abschluss eines ereignisreichen Tages.
Ein Glas Rotwein….der unvergleichbarer Sternenhimmel….Sternschnuppen, die uns fast erschrecken, weil sie wie Feuerbälle über den Himmel fliegen….so entspannt lassen wir den Tag ausklingen. Auch der nächste Tag bietet wieder Fahrspaß pur, Suleman wählt eine Route, die uns begeistert. Wir können uns nur wundern, mit welchem Gespür er uns über die Dünen führt, ohne GPS oder sonstigem Schnick Schnack. Und er findet punktgenau einen Brunnen, oder das versteinerte Holz. Weit und breit keine Spuren von anderen Autos oder Menschen! Suleman orientiert sich nur nach der Sonne und den Sternen.
Hier die versteinerten Baumstämme. Wir können nicht umhin, ein paar Stücke mitzunehmen, unsere Libyer haben diskret weggeschaut.
Natürlich ist es streng verboten!
Jetzt hat es an die 30° und da kommt Wüstenfeeling auf! Heute gibt es den obligaten Salzburger Abend mit Kaspressknödelsuppe und Jause für alle. Das hat schon Tradition. Wieviel Platz plötzlich in der Kühlbox ist!!! Toyota und Suleman, die besten Begleiter in den Dünen!
Die folgenden Tage bieten alles, wovon wir geträumt haben. Zwischen den Dünenkämmen gibt es ebene Sandpassagen mit Weichsand.
Hier kann man es „laufen lassen“…..
Dann wieder heftige Dünenüberquerungen, da gibt es natürlich ordentlich was zu tun. Der uralte Toyo von Suleman ist nur mit Rudi’s Seilwinde flott zu kriegen. Der Landy hängt am Dünenkamm, auch Jürgen und Rainer erwischt es. Wir stecken völlig sinnlos auf einer Ebene im Weichsand, kein Weiterkommen! Es wird gebuddelt, geschaufelt und geschoben. Manchmal schaffen wir nur 15km in 3 Std.
Jeder hilft Jedem, das ist ja klar. Und alle freuen sich, wenn wir es geschafft haben!Martin und Janine fahren offensichtlich am Souveränsten, jedenfalls finde ich keine spektakulären Fotos. Echt cool, die Beiden!
Lagerleben…. Das höchste der Gefühle: Duschen in der Sandwüste!
Ein Landy ist immer krank, aber er stirbt nie….
Wir fahren Richtung Mandara Seen. Auch hier hat Sulemann eine Strecke für uns, abseits der üblichen Piste.
Der Um el Mar ist der erste See, viele Tuareg bieten hier ihre Waren an, auch am Gabron See stehen schon einige Souvenirbuden. Touristengruppen, die von Einheimischen hierher gekarrt werden, eine paar Gruppen Wüstenfahrer…… oje….bei unserer ersten Begegnung (1999) mit dem einzigartigen Naturschauspiel waren wir hier noch ganz alleine. Schade!
Die Kulisse ist natürlich trotzdem beeindruckend.
Seit unserem ersten Besuch träumen wir von der „Wahnsinns-Abfahrt“ auf der Riesendüne. Heute wollen wir es wagen. Aber zuerst müssen wir da hoch kommen! Rudi fährt gleich los, der kurze Toyo wieselt völlig problemlos hinauf. Rainer und Martin brauchen schon ein paar Anläufe, der Nissan schafft es aber bravourös. Gerhard und Herbert mühen sich vergebens ab, den letzten, steilen Anstieg packt der Landy nicht. Wir schaffen es im ersten Anlauf, sind enstprechend stolz und glücklich. Der Ausblick von oben ist der Hammer. Jetzt sieht man erst, wie hoch die Düne ist.
Die Abfahrt ist unbeschreiblich, aber leider kurz. Man muss ja pfeilgerade talwärts fahren, jede Lenkung im Sand würde das Auto zum Kippen bringen. Geschafft!
Es ist sehr windig heute, in einem geschützten Dünental schlagen wir unser Camp auf. Beim Lagerfeuer geht Wolfgang’s Sessel kaputt und mich erschreckt im Dunkeln ein Fennek – bzw. war es umgekehrt.
Am nächsten Tag fahren wir wieder zu unserm Camp Terbikan bei der Einstiegsdüne.
Zu meinem Entsetzen will die Gruppe hier den Ruhetag verbringen, nur eine halbe Stunde von den schönsten Dünen entfernt. Für mich unfassbar!!!
Ich habe jahrelang davon geträumt, inmitten der Mandaraseen an einem schönen Dünenplatz einen Tag zu verbringen, zu wandern, die Seele baumeln zu lassen.
Ok, es ist die Entscheidung der Gruppe, das ist zu akzeptieren. Wir vewöhnen uns mit Thunfischspaghetti und bekämpfen den Ärger mit (nicht zu wenig bzw. viel zu viel) Rotwein. Den Gelsen hat’s geschmeckt. Am nächsten Tag haben wir Hirnsausen – vermutlich nur wir. Gelsen haben kein Hirn, also haben sie auch kein Sausen!
Im Camp gibt es schon ansatzweise Infrastruktur (die Sanitäranlagen sind davon noch weit entfernt!) Wir lassen den kaputten Sessel von den Tuareg reparieren, sie betreiben hier einen kleinen Souvenirladen – und er hält bis heute! Nachdem wir aufgetankt und eingekauft haben, führt uns eine endlose Fahrt Ri. Al Awaynat.
Mittagsrast in einer Ebene ohne Schatten bei 39°! Dazu heißer Wind!
Jetzt zweigen wir ab, es geht auf extrem holpriger Piste Ri. Maridet. Auf einer Hochebene finden wir einen wunderbaren Nachtplatz. In der Nacht fallen ein paar Regentropfen, es ist bewölkt am nächsten Morgen.
Wir kommen zu der Höhle, wo wir vor 4 Jahren versucht haben, die Kupplung von unserem Mitsubishi zu reparieren. Vergebens! Weiterlesen: Libyen 2006 (noch nicht eingestellt!)
Es bleibt extrem steinig am Weg ins Maridet. Plötzlich taucht ein libyscher PickUp auf. Auf der Ladefläche sitzen wenig vertrauenserweckende Gestalten mit MP’s. Als sie auch noch stehen bleiben wird uns ein wenig mulmig zumute. Sofort beginnen sie mit Suleman, Mouldi und Machmud ziemlich lautstark zu palavern. Wir verstehen natürlich kein Wort! Aber bald ist klar, es sind friedliche Männer, die mit unserem Guide einen Deal machen wollen. Sie haben einen erlegten Hasen dabei, was sie im Gegenzug bekamen, haben wir leider nicht mitbekommen, bzw. verstanden.
Das Abendmahl für unser Führer ist somit gesichert, und weiter geht’s ins Maridet.
Unser Camp schlagen wir auf einer kleinen Lichtung auf, zwischen den Felsen auf 790m Höhe. Nun sind wir im Herzstück des Maridet angekommen und sind ersteinmal sprachlos. Die Erosion hat aus den Felsen bizarre Formen und Figuren gezaubert, dazwischen feinster Sand. Es sind ja die Ausläufer des algerischen Hogger Gebirge. Wir machen einen augedehnten Spaziergang und lassen uns von der Außergewöhnlichkeit dieser Region inspirieren.
Heute gibt es Haseneintopf!
Am Abend wird über die Routenführung diskutiert, wir sind – logischerweise – nicht immer einer Meinung. Mouldi möchte gleich ins Akkakus weiter, wir wären gerne länger geblieben. Suleman muss offensichtlich zu einer bestimmten Zeit zurück sein, also verabschieden wir uns von der bezaubernden Welt aus Sand und Felsen. Schon in der Früh hat es 18°, es ist leicht bewölkt. Ein ausgewachsener Sandsturm begleitet uns hartnäckig bis ins Akkakus Gebirge. Wir schalten die volle Beleuchtung ein, um den Anschluss nicht zu verlieren. Jetzt freuen wir uns auf den weitläufigen Gebirgszug im südl. Libyen mit seinen Highlights.
Wenn man den Weg verliert, lernt man ihn kennen
Tuareg Weisheit
Im Akkakus bestaunen wir zunächst die einzigartigen Felsenbilder. Es verwundert immer wieder zu sehen, dass hier Elefanten, Giraffen usw. lebten. Umso fassungsloser stehen wir dann vor vielen Felsgravuren, die mit Farbe übersprüht wurden. Unwiederbringlich zerstört!
Wer bitte macht so was??? Suleman ist am Boden zerstört, er wird sehr nachdenklich. Auch er hat das zum ersten Mal gesehen.
Dann fahren wir weiter zum berühmten Felsentor im Akkakus.
Gleich in der Nähe finden wir schattenspendende Felsen und Akazien, da machen wir Mittagsrast. Die Kulisse ist atemberaubend, die Temperatur auch. 44°!! Ein kleiner Junge kommt zu uns – wir haben weit und breit keine menschliche Behausung gesehen. Von Mouldi wissen wir, dass hier Nomaden leben. Er schiebt sein selbstgebasteltes Spielzeug vor sich her. Wir erinnern uns jetzt an seinen Großvater, der 2006 im Sand hockte und seine Fossilien verkaufte. Er ist inzwischen verstorben, erzählt der kleine Bub. Natürlich bekommt er Schokolade und Kekse, aber auch eine Salbe für seine Hautekzeme sowie Aspro, Mehl und Zucker für die Mama. Mouldi ist unser Dolmetscher, er spricht ja perfekt deutsch und natürlich arabisch. Immer wieder baut er uns Brücken zu den Einheimischen, wir fühlen uns niemals als Touristem, schon eher als Gäste.
Nach weiteren zerstörten Felsbildern beschließen wir wieder hinauszufahren, Ri. Asphalt. Schade!!
Nun genießen wir die letzten Dünenpassagen, hier ist es unglaublich schön. Keine hohen Dünenüberquerungen, es geht also (fast) ohne Schaufeln und Sandbleche. Herrliche Weichsandpassagen erlauben auch mal 100km/h. Man fährt wie auf einem Wollteppich.
Bei der Suche nach einem Nachtplatz halten wir an einer Stelle, wo einige Reibschalen-Fragmente und Ähnliches im Sand zu finden sind. Im nächsten Dünental haben wir es geschützter, also schlagen wir hier das Camp auf. Wolfgang lässt das nicht in Ruhe, er will nocheinmal zur Fundstelle. Mouldi und den Libyern wird erklärt, dass Wolfgang sein Schweizer Messer dort verloren hat.
Wolfgang fährt zurück und beginnt zu suchen. 2 große, völlig intakte Reibschalen, Reibstöpsel, Pfeilspitzen usw. Unsere Freude ist unbeschreiblich! Er kommt zurück, den Libyern zeigt es das Taschenmesser. Gefunden!!!
Mouldi freut sich mit uns und bittet uns gleichzeitig alles sofort zu verstecken.
Unser Wein- und Biervorrat hat noch genügend Reserven, um auf die großartigen Funde anzustoßen.
Bevor wir wieder Asphalt unter die Räder bekommen machen wir noch Rast auf einer Ebene wo wir „Sandwürmer“ finden. Sehen aus wie Isolierrohre, manche mit „Saugnäpfen“ dran. Versteinerte Reste von ??? Wir glauben es sind versteinerte Krakenarme!
Jetzt geht es nocheinmal zum Camp Terbika, dort ist Service in allen Bereichen angesagt – für Mensch und Auto!
Hier verabschieden wir uns von unserem Guide Suleman, er ist ein ganz besonderer Mensch und hat unsern Respekt und unsere Wertschätzung. Bereits um 8h früh starten wir zur langen Fahrt an die libysch/tunesische Grenze. Die schreckliche Rumpelstrecke läßt uns wehmütig an die schöne Zeit in den Dünen denken. Auf der Strecke liegen sehr viele tote Kamele am Straßenrand. Es wird erzählt, dass LKW’s die Kamele mit voller Absicht rammen, damit die nachkommenden PKW’s nicht zu Schaden kommen. Wir können es fast nicht glauben, aber es ist irgendwie logisch, wenngleich absurd. Den Sandsturm können wir nicht abschütteln, er begleitet uns bis an zur Küste. Am nächsten Tag sind wir um 13h 30 an die Grenze. Alles verläuft problemlos, für unsere „Schmutzwäsche“ interessiert sich keiner. 2 Stunden später atmen wir wieder tunesische Luft.
Wir sind auf dem Weg nach Djerba, wo Mouldi angeblich einen Freund hat, der ein Camp betreibt. Dort wollen wir nächtigen. Weder Freund noch Camp sind zu finden, also begeben wir uns auf Herbergsuche. Viele Hotels sind geschlossen, schlussendlich finden wir ein tolles Hotel und lassen uns verwöhnen. Nach dem üppigen Frühstück schlendern wir durch Homt Souk bei 27°.
Diverse Souvenirs werden eingekauft, die Händler sind recht unangenehm aufdringlich. Das sind wir von den Tuaregs nicht gewohnt. Wir fahren Ri. Tunis zur Fähre. In der Nähe vom Tamazret gibt es einen alten Ksar, wo man am Platz davor gut nächtigen kann. Auch diesen Ksar kennen wir von früheren Reisen. Wir besichtigen die liebevoll zusammengestellte Ausstellung von tunesicher Geschichte und Kleinkunst, ein Heimatmuseum sozusagen. Es gibt auch sehr spartanisch, aber hübsch eingerichtete Zimmer, wo man nächtigen kann. In der Nacht werden wir von der Polizei gestört. Es gibt große und lautstarke Debatten mit Mouldi und dem Hausherren. Der hat offenbat keine Genehmigung für Übernachtungen in den Zimmern. Die Polizei kontrolliert genau, ob wir auch alle im Auto bzw. Dachzelt schlafen. Sie leuchten mit Taschenlampen einfach in unsere „Schlafzimmer“, wir sind empört!
Alle in ihren Betten, sie ziehen sie wieder ab!!
Wir verfassen am nächsten Tag auf Mouldis anraten einen Beschwerdebrief und beklagen uns über die nächtliche Ruhestörung. Er ist noch immer sehr aufgebracht. Dem aufkeimenden Tourismus in diesem Land ist sowas nicht zuträglich.
Über Kairouan geht es nach Bou Arada zu Mouldis Familie. Dort werden wir um 16h schon überschwänglich begrüßt. Schwester, Schwägerin, Nichten und Neffen, alle sind versammelt. Das landestypische Abendessen mit Cous Cous schmeckt wie immer himmlisch. Auch wenn die Mama den Cous Cous nicht mehr machen kann, Rim ist eine ebenbürtige Nachfolgerin. Und sie macht die besten Brik, die ich je gegessen habe. Am Abend wird im Innenhof Feuer gemacht, gesungen, getanzt, getrommelt. Auch die kleine Nadia übt sich schon fleißig an der Trommel, wir singen für sie und unsere 2 Martin’s das Laternenlied, schließlich hatten die beiden gestern (11. 11.) Namenstag. Das Frühstück ist reichhaltig wie immer. Muoldis Schwester und Rim backen Fladenbrot, dann gibt es eine herzliche Verabschiedung. Vor dem Einschiffen besuchen wir noch das Künstlerviertel Sidi Bou Said bei Tunis. In einem Cafe mit Meerblick genießen wir noch den letzten afrikanischen Kaffee. Dafür bezahlen wir Din 48,-, das sind knapp € 25,- (für 4 Kaffee)
Ja, Meerblick kostet halt… denn der Kaffee kann’s nicht gewesen sein!!! Das Einchecken im Hafen dauert ewig, darüber wundert sich keiner mehr.
Die Cartage kommt um 15h 30 an, wir sind die 5. Letzten, die auf’s Schiff dürfen. Wie am Anfang, so das Ende! Das Abendessen versöhnt, wir gehen zeitig ins Bett, nur die See ist unruhig…
Nach der stürmischen Nacht ist es wieder sonnig und warm an Deck. Lt. GPS kommen wir sogar pünktlich um 15h 55 an.
Bis wir durch den Zoll sind ist es 17h, wir treten bei trockenem Wetter die Heimreise an.
Eine unserer schönsten Wüstentouren ist zu Ende!
Wir verabschieden uns mit den besten Eindrücken von diesem wunderbaren Land und seinen freundlichen Menschen.
Nichtsahnend, dass nur 3 Monate später der Despot Muammar al-Gaddafi Land und Leute in einem grausamen Bürgerkrieg vernichten will und Libyen für viele Jahre unbereisbar macht!
2 Kommentare
Gerhard Malecik
17. Februar 2023 at 16:54Jetzt nach vielen Jahren und beim Schreiben meiner Autobiografie und der Suche nach Orten, wo ich schon einmal war diesen außergewöhnlichen Reisebericht und entdecke auch Fotos und sehe uns alle in der Wüste. Es war eine phantastische Fahrt in der Wüste. Mich würde interessieren, was mit all diesen Menschen geworden ist, nach 12 Jahren Bürgerkrieg. Sind sie noch alle am Leben, was waren ihre Erlebnisse?? Viel <Zeit ist in der Zwischenzeit vergangen. Mich freut es jedenfalls sehr, von Euch gelesen zu haben. Falls Euch interessiert was ich in der Zwischenzeit so gemacht habe, so findet Ihr vieles auf meiner Webseite http://www.atelier-ja-he.com
Herbert Hinrichs
18. Februar 2014 at 12:19Spät schicke Euch meine Antwort über unsere Reise nach Lybien 2010.
Immer wieder sehen wir uns den Bericht von unserer Fahrt 2010 an und sind ebenso enttäuscht dort nicht mehr hinfahren zu können. Ich bin froh schon 2x dort gewesen zusein.
Übrigens: Dein Bericht liebe Schwimu ist wunderschön.
Ich hoffe Euch geht’s gut undich wünsche Euch für eure weiteren Reisen alles alles Gute.
Liebe Grüße Herbert.