Wir suchen vorrangig den Sommer, der uns, nach unserem Empfinden, einiges schuldig geblieben ist – an Sonnenstunden und Wärme, meine ich. Statistik hin oder her. Wir haben im Juli und August gefroren und geschimpft. Daher soll unsere Herbstreise nach Kroatien das Manko ausgleichen. Diesmal nehmen wir den Weg über das Soča Tal und finden dann hoffentlich ab Rovinj die vermissten Zutaten für einen wohltemperierten Sommerausklang. Auch heuer haben wir das Velebit Gebirge am Radar, wollen uns auf Spurensuche von Winnetou & Co begeben, sofern uns die Bora nicht wieder einen Strich durch die Rechnung macht. Die Insel Cres und Pag, die Krka Wasserfälle, die Makarska Küste …. die Wunschliste ist lang – und wieder nur ein grober Plan!
8. – 15. Sept. 2021
„Mia regnt’s ins G’miat !“
Das ist durchaus als Drohung zu verstehen, meint Wolfgang ernst, denn es bedeutet – frei übersetzt für unsere deutschen Freunde: „Der Regen verwässert meine Lebensfreude“ 🙂
Das geht ja gar nicht! Also packen wir unser 7 bis 17 Sachen und reiten gen Süden, just als auch daheim der „Altweibersommer“ einkehrt. Wir trödeln und räumen noch herum, weil unser 1. Ziel nur ca. 110km weit entfernt ist. Der Sölkpass, 1.788m ! Dort ist eine Wanderung zu den Kaltenbachseen geplant um dann da oben ein lauschiges Nachtquartier zu finden. So der Plan A !
Die Sölktäler sind ein Naturpark mit vielen Wandermöglichkeiten. Von Gröbming nach Murau schraubt sich die schöne Passstraße hoch und wieder runter. Am Sölkpass empfängt uns allerdings eisig kalter Wind, die Wanderung wird gleich einmal gecancelt. Gefroren haben wir ja schon genug. Also Plan B !
Es geht weiter bis Murau und weil wir schon so gut in Fahrt sind und die Sehnsucht nach Sonne und Wärme nicht mehr zu ignorieren ist, richten wir unseren Fokus weiter nach Süden, kurbeln uns hoch zur Turracher Höhe. Das wäre verzichtbar gewesen, denn hier erschreckt uns „Overtourism“ in seinen wilden Auswüchsen. Der kleine Spaziergang am See ist nur für Flora reizvoll, wir wollen nichts wie weg hier. Wohin jetzt? Es ist ja noch früher Nachmitag. Wir nehmen noch 2 Pässe unter die Räder, weil das die einzige sportliche Tätigkeit ist, die wir heute machen können. Einer dreht tausendmal am Lenkrad, der andere versucht den Driver mit div. Leckereien bei Laune und bei Kräften zu halten. Der Wurzenpass bringt uns mit seinen vielen Haarnadelkurven nach Slovenien. Vor der Grenze holen wir rasch unsere Pässe + Impfzeugnis (digital und am Papier, man weiß ja nie) hervor, wir waren ja heute auf keinen Grenzübergang vorbereitet. 4 Beamte aus Ö u. SL stehen gelangweilt am Grenzposten, aber als wir hinkommen flüchten sie alle ins Gebäude. Unsere Anwesenheit ist ihnen nicht eine Minute Arbeit wert.
Der Gebirgszug der Julischen Alpen ist traumhaft schön, das macht Lust auf die nächste Kurblerei: Vršič Pass 1.611m, wieder 50 Haarnadelkurven! Den höchst befahrbaren Pass in Slovenien kennen wir zwar bereits, heute steht der Naturpark Triglav im schönsten Abendlicht, die schroffen Berggipfeln ragen imposant in den blauen Himmel, wir stehen staunend davor.
Den Nachtplatz wollen wir an der Soča finden, das ist aber gar nicht so einfach. Die vielen kleinen CP sind rappelvoll, sie bieten hauptsächlich Zeltplätze an. 3x hören wir „FULL“
Das wundert uns sehr, wir dachten, die Hauptsaison wär doch schon vorbei. Bei Bovec gibt es endlich eine große Wiese an der Soča, die teilen sich 3 CP. Es sind genügend freie Flächen für uns, Gott sei Dank! Wir sollen uns einfach hinstellen wo wir wollen, sagt man uns an der Rezeption. Hier ist alles unkompliziert. Das Panorama ist herrlich, viele junge Leute sind am Platz, es wird alles angeboten, was das Sportlerherz begehrt. Kayak Touren, Rafting, Caving, Zipline, Radfahren, Reiten…und wandern natürlich.
Hier bleiben wir, hier gefällt es uns.
Die Flora schafft gleich nachbarschaftliche Kontakte, der absolute Glückstreffer ist „Luna“, eine 15 Monate alte AussieHündin mit allerliebstem Charakter und Aussehen. Die beiden verstehen sich auf Anhieb prächtig, blödeln und knuddeln herum wie 2 Geschwister. Logisch, dass wir 2-Beiner uns auch sehr sympathisch sind. Daher ist es gleich einmal beschlossene Sache, wir bleiben noch einen Tag und gehen morgen gemeinsam wandern.
Der Slap Virje liegt leider schon im Schatten, aber auch so gefällt er uns ausgesprochen gut. Wir sind schwer begeistert von der mystischen Schönheit der Region.
Die Sonne verschwindet am Abend rasch hinter den Bergen, es wird empfindlich kalt – bitterkalt. Haben wir nicht schon genug geforen in diesem Sommer ? Es hindert uns natürlich nicht daran, abends gemütlich draussen zu sitzen, wir holen unsere warmen Decken und plaudern lange mit Any und Uli über dieses und jenes – über Hunde und Reisen, was denn sonst!
Nach 2 Tagen geht es weiter, Rovinj verspricht Sonne, Meer und mediteranes Lebensgefühl.
Zu unserem Erstaunen bzw. Entsetzen ist der stadtnahe CP fast überfüllt, wir ergattern gerade noch einen drittklassigen Platz. Zähneknirschend klinken wir uns ein! Inmitten der „Bademantel-Fraktion“ fühlen wir uns aber erst wohl, als wir nach 2 Tagen auf unseren Lieblingsplatz wechseln können. Mit etwas Freiraum rundherum und jedenfalls mit Blick auf Rovinj und auf das Meer. So ist unsere Camperwelt wieder in Ordnung.
Wir inhalieren förmlich den Charme dieser Stadt, genießen Sonne und Meer und alles was halt für uns dazugehört. Sportlich ist nur der Wolfgang unterwegs – mit dem Rad ohne E 😉 – mein beleidigter Fuß lässt höchstens Schwimmen als körperliche Aktivität zu. Zur Freude von Flora, die mit mir diese Begeisterung teilt
Hier gibt am CP gibt es allerdings auch großes Kino für mich. Spannend, dramatisch, eskalierend, mit lautstarken Wortgefechten. Die Einweisung zum SP passiert ja meist unter weiblicher Dirigentschaft aber die Koordination und die Interpretation ist nicht immer stimmig. Einmal versuchte ich es mit tröstenden Worten – faktisch von Frau zu Frau – da meint sie nur lakonisch im bayrischen Dialekt:
„Is völlig wurscht wie ich wachle, der fährt ja eh wie er will !“
So genußvoll geht die erste Woche unserer Herbstreise zu Ende, jetzt brennen wir auf neue Aktivitäten. Vor allem freuen wir uns auf das Treffen mit unseren Freunden, die am südl. Eingang zum NP Velebit auf uns warten – und auf Euer Dabeisein, wenn’s Euch gefällt!
Weiterlesen: Winnetou, Old Shatterhand und die Bora – # 2
Sonnige Grüße aus Kroatien
Maria & Wolfgang & Flora
2 Kommentare
Micha
23. September 2021 at 16:22Da bin ich doch glatt mit an Bord – Kroatien steht auf unserem Wunschzettel weit oben!
Günter Klar
23. September 2021 at 10:40Sehr schön! Der Bericht lädt mich ein. Mal sehen, ob es nächstes Jahr mal klappt.