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Italien / Südtirol / Südtirol 2016

Wohl ist die Welt so groß und weit…

…..und voller Sonnenschein. So heißt es in der Hymne der Südtiroler. Das können wir eindrücklich bestätigen, bloß mit dem Sonnenschein hat es nicht immer geklappt ;-))
Das westlichste Tal von Südtirol, an der Grenze zur Schweiz, steht ja schon lange auf unserer Wunschliste, ein paar Tage Auszeit gönnen wir uns noch, bevor das WoKi in den Winterschlaf verfällt.
Die geplante Radtour im Frühling entlang der Etsch und zwischen blühenden Apfelbäumen bis Meran mussten wir ja absagen, aber zur Freude von Vunny planen wir diesmal einige Bergtouren, falls das Wetter passt.
22. – 28. Oktober 2016
In Ried im Oberinntal machen wir Rast, besuchen unsere Freunde Ingrid und Gerhard, die in der grandiosen Umgebung zu Serfaus, Fiss und Ladis einen sehr schönen Campingplatz betreiben. Klein und familiär geführt, mit eigener Wellnessoase, also sommers wie winters ein guter Anlaufplatz für Campingfreunde. CP Dreiländereck.
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Es ist Spätherbst, das spüren wir spätestens am Reschensee. Nicht nur der eiskalte Südwind treibt uns Gänsehaut über den Rücken, auch die Tatsache, dass das faschistische Regime die Bewohner ganzer Dörfer zwangsenteignete, vertrieb und sie ihrer Heimat beraubte, ohne die geringste Chance auf angemessene Entschädigung.
1950 wurde das Tal geflutet, der Kirchturm von Alt-Graun ragt noch, wie zum Hohn, aus dem See und stellt heute eine vielfotografierte Touristenattraktion dar. Auch wir machen ein paar Bilder, dann schnell wieder ins Auto und weiter in den Vischgau.


Glurns ist unser Ziel, ein Tipp von unseren Freunden verheißt uns dort einen schönen Nachtplatz an der Etsch.
Glurns ist ein Festungsstädtchen, umschlossen von einer völlig intakten Stadtmauer. Im WoMo-Führer steht geschrieben, dass man zwar bei dem einen Stadttor problemlos hineinfahren kann, aber nicht beim anderen (2.60m Höhe) hinaus. Was schließen wir daraus? Es wird wohl ein Einbahnsystem geben! Das ist schlichtweg falsch, und ebenso sinnbefreit ist die Angabe, gleich nach der Kirche links abzubiegen um zum schönen Stellplatz zu gelangen. Dort hindert uns nämlich eine Fahrverbotstafel die schmale Gasse zu nehmen, das ist der Radweg. Die Zufahrt zum Stellplatz ist ohnehin gut ausgeschildert (Camping im Park) und für uns ist es wiedereinmal der Beweis, dass man sich auf nichts, aber auch auf gar nichts verlassen kann, was irgendwer irgendwohin schreibt. Das ist zwar jetzt keine neue Erkenntnis, aber manchmal fragt man sich schon…..

Wir finden am Ende der ausgewiesenen Zufahrt einen großen Park mit ausreichend vielen Stellplätzen, WC, Duschen, Strom, ganz idyllisch an der Etsch gelegen und direkt am Radweg. Hätte nicht schöner sein können!
Zu Fuß spazieren wir am Abend in das Städtchen. Es gehört den Einheimischen.


Unser Magen knurrt, aber für’s erste schauts nicht gut aus für den hungrigen Freund. Tote Hose überall, schlußendlich entdecken wir doch noch Metzgerei mit angeschlossener Gaststätte, ein richtiges Dorfwirtshaus.

Was man uns dort auftischt erstaunt und erfreut uns, die Spezialitäten sind nämlich Graukäse-Ravioli mit Sauerkraut, sowie hausgemachte Tagliatelle mit Eierschwammerl – in Begleitung von köstlichen Steinpilzen, na bumm…damit haben wir nun wirklich nicht gerechnet.
Satt und zufrieden ziehen wir von dannen, die obligaten Fotos von der hübschen Stadt machen wir besser morgen. Der Hauswein hat nämlich auch so gut gemundet, deshalb verlassen wir uns lieber nicht auf den Verwacklungsschutz unserer Kameras, obendrein ist das Fotolicht ist eh nicht mehr so gut!
Wolfgang und Vunny machen sich also am Sonntag früh auf zum Fotoshooting, derweil ich im WoKi alles startklar mache.


Von Glurns geht es das kleine Stück zurück nach Schluderns und schon gibt es das nächste Highlight, ein Kulturelles!
Nämlich Schloss Churburg.

Wir haben schon einige Infos darüber, aber was wir zu sehen bekommen übertrifft alle unsere Erwartungen.
Vunny darf zwar nicht mit zur Besichtigung, Bergründung: die Burg ist im Privatbesitz und auch noch bewohnt. Daher verstehen wir es und sind froh, dass dieses Juwel überhaupt öffentlich zugänglich ist.



Bevor ich nun weiter von der schönen Burganlage schwärme, muss ich rasch ein Loblied auf unsere Vunny anstimmen. Sie wartet geduldig und völlig relaxt fast 1 Std. im Vorraum (das Auto steht nämlich unten in Schluderns) bis wir von der Führung zurückkommen. Mit ihren 6 einhalb Jahren hat sie ein Souverän, das hat schon Klasse!
Das Schloß wartet mit der größten privaten Rüstkammer auf und dem märchenhaft schönen Arkadengängen mit den gemalten Stammbäumen der Adeligen.
Sie ist sehenswert, in allen Details!

Heute wollen wir noch ins Langtauferertal, es gibt einige lockende Wanderziele, aber wir müssen erst sehen, was um diese Jahreszeit und in dieser Höhe überhaupt noch möglich ist (ohne Schi ;-))
Zuvor stärken wir uns mit Kaffee und Kuchen, weil man doch so herrlich auf der Terrasse in der Sonne sitzen kann. Das war ein Fehler!!!!
Wir kurven am frühen Nachmittag zurück zum Reschensee, in Graun gibt es den Abzweig ins Langtauferertal. Bis Melag führt die gut ausgebaute Straße, die bei einem großen, menschenleeren Parkplatz endet. Da ist unsere Bleibe für heute Nacht.

Weil es zwar schneidig kalt ist hier auf fast 2.000m, aber völlig schneefrei, starten wir zur Wanderung Ri. Weißkugelhütte. Der Weg führt zunächst im Schotterbett des Karlingbaches entlang bis zur Melager Alm, dann geht es zwischen goldenen Lärchen und knorrigen Zirben bergauf bis zum Hochplateu.

Hier müssen wir schweren Herzens umdrehen, wenn wir nicht „im Dunkeln tappen wollen“ – hätten wir doch auf Kaffee und Kuchen verzichtet, dann wäre die Hütte ganz leicht zu erreichen gewesen.

Wir blicken hinüber auf die Gletscherwelt der südl. Ötztaler Alpen, sie zeigen sich sogar kurz im Sonnenlicht, dann steigen wir wieder hinab.

Rechtzeitig vor der Finsternis, aber mit klammen Fingern erreichen wir unser WoKi, heizen ein und bald sind wir wieder auf Betriebstemperatur.
Nach einer ruhigen Nacht ziehen wir wieder talauswärts zum Reschensee. Beim Haidensee sehen wir uns rein interessehalber einen Stellplatz an, der im WoMo-Führer beschrieben ist, aber der taugt gar nichts. Typisch!
In Mals sind uns gestern schon die vielen Kirchtürme aufgefallen, und da das Wetter heute keine große Wanderlust aufkommen läßt, schlagen wir uns auf die Kulturseite.

Am Ortsanfang von Mals im Vinschgau gibt es das vorromanische Kirchlein St. Benedikt als lohnendes Ziel. Seine karolingerzeitlichen Fresken aus dem 8. u. 9. Jhd. sind berühmt bleiben uns aber verborgen, weil geschlossen.
So schlendern wir durch den Ort, der sich erfreulich untouristisch zeigt, kaufen ein, trinken Cappuccino und schon geht es weiter mit unserem Kulturprogramm.

Links grüßt das Kloster Marienberg, aber das muss warten.

Wir fahren bis Kortsch, hier besuchen wir die Pfarrkirche St. Johann der Täufer inmitten des Friedhofes, der fast ausschließlich mit Grabsteinen aus reinweißem Maromor geschmückt ist. Die Nähe zum Marmordorf Laas ist unschwer zu erkennen.

Auch der schöne Flügelaltar ist sehenswert, aber das wars dann auch schon.

Schlanders wollen wir nicht auslassen, der 43m hohe, spitze Kirchturm grüßt von Weitem. Er ist der höchste von ganz Südtirol. Die Kirche ist auch Innen eine Wucht, besonders die Deckenfresken und der Hochaltar. Erntedank wurde gefeiert, das ist unschwer an der originellen Dekoration zu erkennen

Ansonsten haben wir nur mehr Profanes im Sinn, wir bummeln durch die hübsche Stadt, trinken ein Glas Wein und suchen anschließend wiedereinmal einen Campingplatz für’s Service. CP Badlerhof in Laas.
Am vorromanischen Kirchlein des St. Sisinius kommen wir dann doch nicht vorbei, es steht auf einem Hügel kurz vor der Ortschaft. Wir wandern hinauf und Wolfgang findet noch jede Menge Äpfel auf der abgeernteten Plantage dahinter. Saftig und frisch! Eine kontrastreiche Umgebung….

Ein Hauch von Luxus umgibt dann am Campingplatz, den gönnen wir uns heute. Geheizte Sanitärräume und sogar für Wellness ist gesorgt mit Sauna, Ruheräumen usw.
Zufrieden mit uns und der Welt geht es am nächsten Tag weiter, Petrus hält uns noch immer in der Warteschleife für Schönwetter, also richten wir unser Programm danach.
Latsch, hat auch ein Juwel für uns. Die Spitalkirche mit dem berühmten Flügelaltar Jörg Lederers.

Ziemlich hartnäckig müssen wir uns Zugang verschaffen, denn auch sie ist geschlossen. Schlußendlich finden wir den Menschen mit dem passenden Schlüssel und wir stehen staunend vor dem spätgotischen Meisterwerk.

Der Ansitz Mühlrain in Latsch.
In Naturns treibt uns der Hunger in ein typisches Gasthaus, der Ort ist gut besucht und ziemlich auf Touristen eingestellt. Südtiroler Speck, Kaminwurzen und Schüttelbrot wird an allen Ecken und Enden angepriesen. Aber unsere Pizzen schmecken sehr authentisch.

Wir haben noch eine Verabredung mit dem Hl. Prokulus in seiner Kirche. Die ältesten Wandmalereien im gesamten Alpengebiet sind hier zu sehen.

Den schaukelnden Mönch finden wir besonders originell, man kennt ja eher Darstellungen von betenden, frommen oder gemarterten Gottesmännern. Dass sie auch (harmlosen!!!) Spaß haben dürfen, ist eher nicht so populär!

Meran, das wär doch auch ein gutes Schlechtwetterprogramm, also nichts wie hin. Ein Stellplatz wird angegeben und ist rasch gefunden, das Zentrum befindet sich in fußläufiger Entfernung, dann kann ja nichts mehr schiefgehen. Aber Petrus meint, wir brauchen noch den Segen von oben!
Wir flanieren auf der Freiheitsstraße, schlürfen Kaffee, schlendern durch die Lauben, besuchen St. Nikolaus in seinem hochgotischen Zuhause und stellen fest, dass selbst so ein charmantes Städtchen an Glanz verliert, wenn es regnet.
Etwas lustlos trotten wir wieder zum WoKi und nehmen Kurs Ri. Norden. Langsam sollte sich das Wetter stabilisieren, also planen wir optimistisch für morgen eine Bergtour.
Auf ins Martelltal, an dessem Ende liegt der Zufritt-See und dort ist hoffentlich ein guter Nachtplatz für uns ist. 23 km lang führt die Straße ins Tal hinein um am Schluss mit z.Teil sehr engen und steilen Serpentinen am höchsten Punkt anzukommen. Hier gibt es genügend freie Flächen für uns, wir sind mutterseelenallein, so mögen wir das!

Unser Optimismus von gestern war gerechtfertigt, gutes Bergwetter kündigt sich an und daher brechen wir gleich nach dem Frühstück auf zur Wanderung auf die Marteller Hütte (2.610m)

Ziemlich innovativ, die Südtiroler mit ihren rosaroten Wegweisern ;-))

Diesesmal ist das Timing goldrichtig, denn wir marschieren bei passendem Wetter hinauf bis zur Zufallhütte, dann weiter bis zur alten Talschluss-Mauer.

Am Ende geht es steil bergauf bis zur Martellerhütte.
Der Monte Cevedale zeigt uns seine 3.769m hohen schneebedeckten Flanken sogar im Sonnenlicht, dann zieht der Himmel wieder zu, aber wir halten tapfer durch bis zum Ziel unserer heutigen Tour, der Martellerhütte.

Ein paar eisige Stellen erschweren am Ende den Anstieg, aber alles ist gut machbar.

Auch der Himmel hält sich zurück und schickt die ersten Regentropfen erst, als unser fahrbares Häuschen schon in Sichtweite ist.
Wir stärken uns ein wenig mit den Südtiroler Spezialitäten, Regen und Nebel lassen uns aber gleich darauf abhauen.
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Unser Ziel ist Sulden, denn im Internet sehe ich, dass morgen endgültig Kaiserwetter angesagt ist. Da wollen wir doch König Ortler unsere Reverenz erweisen. Über Prad geht es Ri. Stilfserjoch, am halben Weg ist der Abzweig nach Sulden. Dass es hier landschaftlich sehr schön ist, können wir mit einiger Phantasie nachvollziehen, aber tiefhängende Wolken hindern unseren Blick auf die Berge.
Natürlich verhüllt sich auch der König, er gibt uns heute keine Audienz mehr.
Wir fahren durch Sulden, dann zurück bis zum Parkplatz der Sulden-Bergbahn, die riesigen Parkflächen sind menschenleer, also stellen wir uns hin wo es uns gefällt und verbringen einen gemütlichen Abend im geheizten WoKi bei reichlich gutem Essen und Südtiroler Wein. Der bewirkt auch, dass ich in der Nacht raus muss und was sehe ich? Sternenklaren Himmel!
Das gibt Hoffnung und treibt mich am Morgen schon ganz zeitig aus den Federn. Das Spektakel des Sonnenaufganges will ich miterleben, aber die Sonne kommt spät über die Berge. Wir erkundigen uns bei der Talstation der Seilbahn über die Schneeverhältnisse oben bei der Schaubachhütte und ob es möglich ist zur Matrischhütte zu gehen. Wir entschließen uns für die sichere Variante, oben sind die Schneeverhältnisse unklar, daher fahren wir mit der Gondel hinauf und wollen zu Fuß wieder ins Tal. Was uns oben bei der Bergstation erwartet kann ich Euch nicht beschreiben, es ist unbeschreiblich!

fullsizerenderDas Dreigestirn:
Ortler 3.905m, Zebrù 3.735m, Königsspitze 3.859m


Wir stapfen hinunter zur Schaubachhütte, die ist natürlich geschlossen, aber wir haben ja vorgesorgt.
Vor dieser unglaublichen Kulisse machen wir es uns in der Sonne gemütlich und können uns gar nicht satt sehen. Wolfgang stand vor 35 Jahren auf dem Gipfel des berühmtesten Berges der Südtiroler Alpen.
König Ortler hat sein schönstes Kleid angezogen, sein Hofstaat nicht minder prächtig. Das ist wohl der krönende Abschluss unserer Reise durch den Vinschgau.

Wir machen uns auf den Weg ins Tal, im ersten Drittel liegt Schnee am Weg, dann wird es aper und die Landschaft zeigt die schönsten Herbstfarben.
Nach einer kurzen Rast fahren wir wieder zurück nach Prad und das kleine Stück nach Glurns, hier besuchen wir das Paul Flora Museum. Im Tauferer Torturm befindet sich seit 2011 eine Dauerausstellung, die ist echt gut präsentiert und hochinteressant – zu Ehren des berühmten Sohnes der Stadt, der auch am Glurnser Friedhof begraben ist.
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Gleich 2 Highlights an einem Tag machen hungrig und durstig, daher beziehen wir das bekannte Nachtquartier an der Etsch um dann satt und zufrieden in den wohlverdienten Tiefschlaf zu fallen.
Am nächsten Morgen geht es heimwärts, wir machen noch einen Abstecher ins Samnauntal, es ist landschaftlich sehr schön, aber am Ende erschrecken uns die vielen Dutyfreeshop mit einem überbordenden Angebot an Konsumgütern die wir gar nicht brauchen, also nützen wir nur die Gelegenheit zum billigen tanken und fahren bis Kufstein zu unseren Freunden. Dort verbringen wir einen kurzweiligen Nachmittag bei Kaffee & Co. und unserem Lieblingsthema, dem Reisen 😉

Dass der Vinschgau ist ein lohnendes Ziel zum Wandern und Genießen ist, darüber sind wir uns einig.
So geht eine abwechslungsreiche Woche zu Ende, die uns unsere nähere Heimat wieder ein Stück näher gebracht hat.