Die Tage in Triopetra haben uns gut getan, wir sind sozusagen tiefenentspannt.
I’m pickin‘ up good vibrations… She’s giving me the excitations…
Der legendäre Song von den „Beach Boys“ passt genau zu unserer Stimmung und zu unserem Alter auch. Die Temperaturen bleiben hochsommerlich, daher fallen die geplanten Schluchtenwanderungen ins Wasser – ins Meerwasser 😉
27. September – 4. Oktober 2019
Schwimmen ist derzeit unser einziger Sport, den wir betreiben können und das tun wir mit Leidenschaft. Alle drei!
Bei etwas elastischer Auslegung von „Sport“ könnte auch „Sesselrücken“ dazugehören, mal in die Sonne, mal in den Schatten und wieder zurück…
Um von Chora Sfakion nach Paleochora bzw. Sougia zu kommen, muss man entweder das Schiff nehmen, oder die Insel von Süd nach Nord queren und bei Chania wieder hinunter fahren. An der Küste gibt es nur Wanderwege und dafür ist es ja zu heiß. Und windstill – aber darüber wird jetzt nicht gejammert!
Von Süd (Triopetra) nach Nord (Rethymno) sind es nur ca. 48km, weiter westlich nach Chania und dann wieder in den Süden, wir möchten heute nach Paleochora.
Am Weg dahin liegt Kandanos, eine Stadt mit trauriger Geschichte. Deutsche Truppen haben als Vergeltung nach einem Partisanenangriff den Ort am 3. Juni 1941 bis auf die Grundmauern zerstört und die gesamten Bewohner hingerichtet.
Wir halten inne, gedenken der unschuldigen Opfer, die jeder Krieg mit sich bringt. In ganz Kreta gibt es viele Monumente und Gedenktafeln über die zerstörerischen und unfassbaren Greueltaten, die das Land und die Bevölkerung in vielen Kriegsjahren hinnehmen musste, bevor 1945 die letzten deutschen Truppen Kreta verlassen haben. Wir belassen es bei diesem Mahnmal hier in Kandanos.
Einige nette Tavernen laden ein zur Mittagsrast, Café frappé tut gut bei der Hitze und gleich daneben hat Nikos einen Stand mit Spezialitäten, an denen wir nicht vorbeikommen. Alles von seiner Frau Mariana gemacht, betont er anerkennend, z.B. Honig Raki von der ganz delikaten Sorte.
Da ist nicht nur Honig drinnen, auch Orangenschalen und Zimt, mehr wird nicht verraten. „Sundried Tomatos with Basil“ in einer Qualität die ich vorher noch nie probiert habe, Lemon sweet, Grapes sweet ….ja, er hat gute Geschäfte gemacht, der überaus freundliche Nikos – schon wieder so ein netter Nikos!
Der CP in Paleochora bringt uns wieder auf Stand, wasser- und stromtechnisch, aber auch unserer Fassade tut er gut. Ein schöner Platz in erster Reihe, nebenan die Taverne und eine Stranddusche. Dass auch der Beach wunderbar ist, muss ich nicht erwähnen – dass es windstill ist auch nicht.
Das Leben ist halt manchmal doch ein Ponyhof!
Wir erleben Paleochora erfreulich untouristisch, hier ist nicht mehr viel los. Hauptsächlich die Einheimischen bevölkern und beschallen den Strand und die Tavernen.
Es ist ein kleines Städtchen mit einem alten Stadtkern der sich auf einer schmalen, habinselförmigen Landzunge befindet.
Unzählige Tavernen warten in den hübschen, engen Gassen auf Gäste, die meisten sind schon abgereist.
Sougia liegt etwas weiter östlich, wir nehmen von Paleochora den Abzweig nach Azogirés, weil dort die 99 heiligen Väter ihre Wohnhöhlen hatten, sowie eine sehenswerte Höhlenkirche, Agii Patéres, halb in den Fels gebaut.
Die Kirche und das kleine Museum sind geschlossen, wir lesen etwas über die heiligen Väter und deren rätselhaftes Sterben, damit geben wir uns zufrieden und erfreuen uns an der farbenfrohen Blumenpracht, liebevoll gepflegt.
Es ist eine wasserreiche Gegend mit üppig beladenen Olivenbäumen, Zypressen und Pinien. Die Olivenernte wird bald beginnen, überall sind schon die Netze gespannt oder liegen zumindest, um den Baum gewickelt, bereit.
Nach viel Kurblerei erreichen wir Sougia und wissen noch nicht, dass hier unser Lieblingsplatz von der Insel sein wird 😉
Östlich des kleinen Ortes fädeln sich schon einige Camper auf vor der schönen Bucht, die sich vom Hafen bis zu den Felsentoren spannt. Von abenteuerlich bis altertümlich und damit meine ich nicht nur die Autos, sondern auch deren Besatzung.
Viele Zeltplätze verstecken sich, geschützt durch Steinmauern vor Wind und Wetter, aber Wind gibt es derzeit nicht und das Wetter könnte prächtiger nicht sein. Noch immer über 30° und das Wasser mind. 25° – Herz, was willst Du Meer!!!
Wandern geht wieder nicht, dann gehen wir halt schwimmen! Die Wanderschuhe können wir schließlich auch zuhause anziehen. Das ist ein guter Trost, falls der nötig wäre!
Sougia ist ebenfalls sehr beliebt bei Aussteigern, Backpackern und Möchte-gern-Blumenkindern (wie ich, wobei ich schon eher zur Kategorie „Herbstzeitlose“ gehöre). Da zieh ich doch gleich meine Pluderhose aus Marrakesch an.
Es ist eine gemütliche Ecke, genau das Richtige für „lazy days“ die wir sehr genießen. Wir haben einen tollen Platz ganz am Ende der befahbaren Bucht, hier bleiben wir länger als geplant, aber planen tun wir jetzt sowieso nicht, wir lassen einfach den Tag kommen.
Morgens krabbeln aus kleinen bis kleinsten Zelten, Schlafsäcken oder nur Unterlagen verschlafene Menschen, oftmals verliebte Paare – und das sind nicht zwangsläufig Männlein und Weiblein.
Sie schwimmen der aufgehenden Sonne entgegen, ein friedvolles, fast surreales Bild.
Wie sie Gott erschaffen hat, wird Yoga am Strand gemacht. Das gibt beim Sonnengruß schon mal tiefe Einblicke – in die Kunst der Körperbeherrschung, meine ich natürlich 😉 und man kann ja auch woanders hinschauen…
Aber hier darf jeder sein wie er mag, mit oder ohne Badebekleidung, ganz nach Belieben, es kümmert niemanden. Unsere Nachbarn aus Rosenheim bereisen die Insel schon seit 30 Jahren, erzählen sie, landen aber immer wieder hier in Sougia. Ich kann sie verstehen!
Wir müssen uns doch irgendwann losreissen von dem schönen Fleck hier, es geht weiter nach Elafonisi. Viel gepriesen und auch vielbesucht, der Lagunenstrand mit der vorgelagerten Insel.
Ich falle vor Schreck fast in Schockstarre: das sind ja hunderte Autos auf den Parkplätzen und natürlich jede Menge Busse…
Das hätte ich nicht erwartet, schließlich ist schon Anfang Oktober und in Paleochora war es so erfreulich ruhig. Tausende Sonnenschirme stehen bereit für den Massenauflauf und sind auch gut belegt. Wer mag sich vorstellen, was im Juli/August hier abgeht? Ich nicht!
Nach einigem Suchen finden wir einen Weg, der für die kleinen Mietautos nicht machbar ist und so stehen wir ganz alleine, abseits von den vielen Touristen direkt vor dem Meer mit Blick auf die Insel und die türkisgrüne Lagune mit den weißen Dünen.
Am Abend wird es ruhig, alle müssen zurück in die Hotels oder Unterkünfte, nur wir genießen den exzellenten Sundowner in passender Kulisse. Tschin, tschin … mit Tonic!
Die windy App meint, es wird windig heute, aber nicht stürmisch, also bleiben wir, gehen schwimmen und sehen den Kite Surfern zu, wie sie den Wind mehr oder weniger geschickt für ihren spektakulären Sport nutzen.
Wir gehen bzw. waten zeitig am Morgen hinaus zur Insel, hinauf zum Denkmal für irgendwelche schrecklichen Kriegsereignisse, zum Leuchtturm und zum Holzkreuz, das für die Matrosen errichtet wurde die auf dem, unter österr. Flagge fahrenden, Dampfschiff ums Leben gekommen sind.
Bevor der tägliche Run auf die Insel beginnt, sind wir schon wieder zurück beim WoKi.
Flora fetzt ausgelassen in der Lagune herum und an manchen Stellen kann man sehen, dass der Strand rötlich schimmert.
Es sind die Millionen von zerstoßenen Schalenpanzertieren, die den Farbeffekt erzeugen (am Foto leider nicht so gut erkennbar).
Heute kriegen wir Besuch von unseren Freunden aus Salzburg. Fred und Inge sind auch Kreta Fans, sie sind mit dem Flugzeug hier und und bleiben 2 Wochen.
Weil der Wind doch stärker wird, beschließen wir nach Kissamos zu fahren. Die beiden haben dort das Hotel und wir einen CP.
Auf der Fahrt entlang der Küste gibt es herrliche Ausblicke.
Zuvor besuchen wir das Kloster Chrissoskalítissa.
Sehr interessant und besucherfreundlich renoviert. Die goldene Treppe soll Stufen aus reinem Gold haben, wer ohne Sünde ist, kann sie sehen. Meine Augen sehen nichts Güldenes, daher soll mein gutes Fotobearbeitungsprogramm herhalten, aber ich hab‘s auch damit nicht hingekriegt…und schwindeln gilt sowieso nicht!
Also muss ich wohl über meinen Lebenswandel nachdenken….
Der CP in Kissamos liegt zwar am Meer, aber eine Straße ist dazwischen und der Platz wirkt nicht sehr einladend für uns, doch wir stehen geschützt. In der Nacht bekommen wir, wie vorhergesagt, Sturmstärke und der Platzwart meint, den schickt uns Gadaffi, er kommt direkt aus Libyen.
Wenn ihr nun meint, ihr habt das Wort Wind, oder Sturm schon viel zu oft gehört bzw. gelesen, muss ich Euch recht geben. Er hat uns begleitet, mehr als uns lieb war. Aber Kreta ist nun mal windig, vor allem im Herbst. Und wenn man sich die App „Windy“ oder „Windfinder“ herunterlädt, kann man sich besser danach richten, es gibt eine gute und ziemlich genaue Prognose.
Die Insel ist in kurzer Distanz zu queren, jedenfalls von Nord nach Süd, so kann man dem Wind besser entkommen. Vielleicht! Irgendwann und irgendwo erwischt er dich doch…
Aber im Nachhinein gesehen, möchten wir unsere windigen Erfahrungen gar nicht missen (na ja, unser Dachschaden hätte nicht unbedingt sein müssen, ist aber verschmerzbar) und ich kann Euch jetzt eines versprechen, das Wort Wind od. Sturm wird nicht mehr in den Mund genommen, bzw. in die Tasten geklopft.
Warum? Weil es ihn nicht mehr gegeben hat – bis zum Ende unserer Reise! Efcharistó poli!
Kreta hat unsere Herzen buchstäblich im Sturm erobert, wir kommen wieder, das ist gewiss, es gibt noch so viele unendeckte Ecken, unerwanderte Schluchten – und es gibt Sougia!
Wir besuchen mit unseren Freunden Chania, das WoKi bleibt am CP.
Es ist eine hübsche, stimmungsvolle Stadt, wo wir zwischen den kleinen Gassen herumstreunen und uns inspirieren lassen.
Es gibt viel vom üblichen Touri-Ramsch, aber auch ausgesprochen ansprechende Läden mit viel Keinkunst!
In der Markthalle bietet man alles feil was vor allem die Touristen brauchen, aber auch die Einheimischen, wie man sieht. Ich glaube es sind Muränen, wußte gar nicht, dass man die essen kann. Ich sicher nicht!!!
Die Bucht von Falasarna wurde und sehr ans Herz gelegt und wir können es nachempfinden.
Wunderschöne Strände, karibikfarbiges Meer und richtige Sanddünen lassen uns länger verweilen als gedacht, zumal wir einen Top-Platz am Ende der Bucht als Nachtplatz haben, schwer zu erreichen, daher einsam. Genau so mögen wir das!
Zum Baden sind die Wellen noch etwas zu aufbrausend, aber man kann herrlich in der Sonne sitzen, ein Buch und ein Weinglas festhalten und auf das Meer aufpassen.
Einfach faul sein, bis abends der Küchenmeister zum Festmahl ruft. Spaghetti mit Meeresfrüchten mit passender Weinbegleitung.
Und als Schlummertrunk Honig-Raki vom Nikos.
Was haben wir für ein gutes Leben!!! Darüber sind wir dankbar, es ist nicht selbstverständlich.
In den kommenden Tagen wollen wir als erstes den Hotspot im Norden, Balos, besuchen, bis wir in Rethymno unsere schweizer Freunde treffen – und wieder in Sougia landen. Jetzt klappt es endlich mit den Wanderungen!
Na klar, das ist schon wieder die nächste Geschichte 😉
Weiterlesen Kreta Teil 6
Filakia aus Kreta!
2 Kommentare
Sohnemann #2
18. Oktober 2019 at 22:15Ich bin richtig stolz auf Euch 3 oder sogar 4 wenn ich das WoKi mitzähle. Deine Kreta-Berichte sind von einer blumig, erfrischenden Eleganz der man sich selbst im Outback Australien’s nicht entziehen kann. Danke!!
Maria
19. Oktober 2019 at 7:58Danke für die Blumen, lieber Sohnemann #2 und kommt gut wieder heim aus Australien, freue mich auf Eure Erzählungen bei 1 od. 2 Gläschen Gin Tonic….