Die Dinariden haben extrem unterschiedliche Gesichter, schroffe Kalkgipfel oder ausgeprägte Hochebenen, wie das Morine-Hochkarstplateau. Aufgrund der steppenartigen Weite wird sie oft als das „Tibet Europas“ bezeichnet. Da sind wir mal gespannt, noch vor ein paar Tagen waren wir ja „im Südamerika der Dinariden“ !
12. – 24. Mai 2024
Die Tour zum Hochplateau führt über Nevesinje, dort biegen wir ab auf eine Piste, fahren an einsamen Dörfern vorbei, wo nur mehr vereinzelte Häuser bewohnt sind. Immer mit herrlichem Ausblick auf das Nevesinjsko polje, die weite Ebene um Nevesinje.
Nach einer engen Schlucht und der Hoffnung auf wenig bis gar keinen Gegenverkehr erreichen wir erleichtert das Plateau. Wir haben ja noch überhaupt kein Fahrzeug gesehen, nicht einmal gehört, aber die Vorstellung alleine genügt – links die Felsen und rechts der Abgrund, just auf meiner Seite, da bin ich glatt „a bissal schmähstaad“.
Man hat nicht übertrieben, das Panorama ist sensationell schön, die umliegenden Berge sind halt nicht so hoch wie in Tibet, jetzt auch ohne Schnee, was aber der Faszination keinen Abbruch tut. Uns gefällt der Vergleich, wir waren ja noch nie in Tibet und in Südamerika auch noch nicht.
Die Crvanj planina mit ihrem höchsten Gipfel (1.920m) ist verantwortlich für die kalten Stürme und die eisige Kälte, die in dieser Einsamkeit viel Platz zum Austoben haben. Man macht aber auch die slawische Göttin Morana verantwortlich, Herrscherin der Unterwelt, also zuständig für Dunkelheit und Tod.
Wir haben Glück, kein Wind, keine Kälte und schon gar keine Dunkelheit! Da holen wir doch gleich unser Lercherl aus dem Käfig und lassen es fliegen. Diese außergewöhnlich schöne Gegend wollen wir auch von oben festhalten.
Bei einer ziemlich großen Nekropole mit dem Namen Svatovsko groblje bleiben wir stehen, es ist ein „Hochzeitsfriedhof“. Wie dieser zu dem Namen kam lesen wir auf einer Info-Tafel.
Eine Hochzeitsgesellschaft machte sich im Jahre 1796 auf nach Mostar. Sie alle starben an der bereits erwähnten eisigen Kälte, nur die Braut überlebte und schaffte es, zu ihrem heimlichen Geliebten zurückzukehren. Sie starb aber 3 Tage später an ihren Erfrierungen. Traurig und schön zugleich, die Liebe hat gesiegt, wenn auch nur kurz ;-(
Viele „Stecci“ liegen verstreut und verwittert herum.
In dieser sagenumwobenen Gegend ist unser Nachtplatz, er wird unvergessen bleiben
Später kommen noch Simone und Florian aus der Schweiz dazu, wir haben uns schon in Sarajevo kennengelernt.
Ein Jahr lang waren sie mit ihrem VW Allrad unterwegs und steigen demnächst wieder ein in die Arbeitswelt mit einem Koffer voll schöner Erinnerungen. Viel Spaß noch ihr 2 und vielleicht sehen wir uns ja beim Overlander Treffen wieder.
Die beiden kommen gerade von der Piste die wir als nächste auf unserem Radar haben – und sie haben einen Braunbären gesehen. Das wäre ein Traum für uns!
Der nächste Morgen ist unglaublich schön im warmen Licht der aufgehenden Sonne und den Nebelfetzen in der Talsenke. Die Göttin Morana scheint umgezogen zu sein!
Unser Weg führt uns hinab nach Ulog, eine steinige ausgewaschene Rumpelpiste mit Geröllabschnitten in den zahlreichen Serpentinen. Auch spannend bei Gegenverkehr, denn der einzige Einheimische, der uns entgegen kommt meint, aus seiner Richtung gibt es keine Auweiche, in unserer schon. Wolfgang muss fast 1km weit retour. Ich hab ihn verflucht, den Bosnier natürlich 😉 Aber beim Weiterfahren haben wir gesehen, dass er recht hatte und ich entschuldige mich gedanklich bei ihm für meine Verwünschungen.
Eine weitere spannende Brücke über die Neretva, dem größten und wichtisgsten Fluss in Bosnien-Herzegovina, und dann erreichen wir auf Asphalt Ulog, kein Ort zum Stehenbleiben, höchstens zum Durchatmen.
Wir biegen wieder ab auf die Piste, erst ein paar gottverlassene Dörfer, dann schlängelt sich der Schotterweg entlang vom Oberlauf der Neretva durch dichte Buchenwälder, wo durch Waldarbeiten der Boden tief, lehmig und schlammig ist, wir sind so richtig eingesaut.
Die Landschaft der Zelengora ist es wert, wir kommen auf eine Lichtung mit Blick auf die grünen Berge und kurven wieder hinab ins Tal der Neretva. Diese Gegend wird auch „das blaue Herz Europas“ genannt, denn nirgendwo in Europ gibt es eine derartige Dichte an natürlichen Flusslandschaften (so hab ich das gelesen).
Štirinsko Jezero, eines der vielen Bergaugen
Die Zelengora, was soviel heißt wie „grünes Gebirge“ hat durch ihren Wasserreichtum 8 natürliche Seen, Bergaugen genannt.
Es geht steil bergauf, wir erreichen auf 1.400m den höchsten Punkt und machen unsere verdiente Mittagsrast.
Leider kein Braunbär, nur ein Braunhund !
Wir sind nahe an der Montenegrinischen Grenze, die hohen Berge des Durmitor Gebirge grüßen schon mit Schneefleckerl.
Frisches Wasser direkt aus dem Berg in Trinkwasserqualität gibt es hier häufig !
Bei Vrba erreichen wir wieder Asphalt, es wird Zeit für die Nachtplatzsuche und das ist nicht schwer. Am langgezogenen Klinje Jezero finden wir einen schönen Platz am See. Der verstreute Müll passt gerade noch in meinen Müllsack (im Gegensatz zu dem vorher gesehenen!) jetzt haben wir ein sauberes Plätzchen, am sauberen Wasser, da geht die Flora gleich einmal schwimmen.
Auf der M20 kann man Kilometer machen, unser Ziel ist Trebinje.
Im Süden des Landes und schon auf der Höhe von Dubrovnik liegt das kleine Städtchen mit mediteranem Flair und „Balkan Charme“ – diese Mischung mögen wir. Der keine Rundgang zu den Sehenswürdigkeiten ist bald erledigt, natürlich bestaunen wir die Osman-Pascha Moschee, die Steinbogenbrücke und die Kathedrale der heiligen Verklärung des Herrn.
Aber eigentlich suchen wir jetzt ein nettes Lokal, wir haben Hunger und einiges zu besprechen.
Es hat sich ja schon angekündigt, für Wolfgang’s Knie wird es zu strapaziös. Nicht das Autofahren an sich, sondern das Leben im WoKi. Unser Tiny-Haus auf 4 Rädern hat ja allen Luxus, den man vieleicht nicht unbedingt braucht, aber den wir lieben. Nur – es ist halt nicht barrierfrei, und das ist mit einem kaputten Knie eine Herausforderung.
Also treten wir den Rückzug an und blicken dankbar zurück auf insgesamt 4 Wochen mit tollen Touren abseits der üblichen Wege, aber auch Städteerlebnissen der besonderen Art. Die sensationell schöne Landschaft von Bosnien-Herzegowina mit Pisten, die nicht nur fordernd und herausfordernd sind, sondern auch Zeit und Raum lassen zum Sehen… Hören…. Riechen…oder einfach nur zum Staunen.
Natürlich ist eine gewisse Bodenfreiheit von Vorteil und auch ein Allrad. An manchen Passagen waren wir dann doch froh über die Untersetzung, es gibt einige Stellen mit groben Geröll in den Steigungen und abfallenden Serpentinen. Fahrverbote haben wir nicht gesehn, die Menschen winken allesamt freundlich, man freut sich am Interesse an ihrem Land, oder ein Gespräch mit ihnen, Bodylanguage geht immer.
Wir treffen uns nochmals mit Martina und Micha an der Makarska Küste bei gutem Essen und viel Plauderei über dies und das 😉
Dann düsen wir Richtung Norden um auf unserem Lieblings-Urlaubsplatz einzuchecken.
Am CP Baldarin, wo man eigentlich die erste Meerreihe 2 Jahre im voraus buchen muss, sind noch Plätze frei – wir sind happy!!!
Das Meer hat anfangs 19° dann 21°, das sind wir ja vom Fuschlsee gewöhnt. Wir bleiben 8 Tage, Martina und Micha kommen nach, die Zeit vergeht wie im Flug. Wir diskutieren natürlich viel über’s Reisen, Reisepläne und Equipmet und freuen uns, wenn wir uns beim Overlandertreffen wiedersehen.
3.200km sind wir insges. gefahren, viel gesehen, viel erlebt, nette Menschen kennengelernt, ein überaus positives Resümee unserer verkürzten Balkan-Reise.
Ich erinnere nochmals an unser Overlander-Treffen, wir freuen uns, wenn wir Euch alle wiedersehen!
Ca. 2 Wochen vorher kommt noch eine Einladung mit Details.
In diesem Sinne – mit lieben Gruß aus Hallein
Maria & Wolfgang & Flora
2 Kommentare
Rupert Unterwurzacher
27. Mai 2024 at 11:24Wie immer wunderbare Bilder und sehr interessant geschrieben. Eine schöne Reise in uns unbekannte Gegenden – da fehlt uns die „gewisse Bodenfreiheit“, aber Gott sei Dank gibt es unterschiedliche Arten mit dem Wohnmobil zu reisen und das ist auch gut so, sonst wären alle in den gleichen Gegenden unterwegs.
Liebe Grüße aus dem benachbarten Kuchl
Sonja und Rupert
Renate Kofler
26. Mai 2024 at 19:26Hallo, Ihre Reiseberichte sind sind so gut geschrieben, und auch die Fotos sind wunderschön. Ihrem Partner gute Besserung. Mein Mann hat auch Knieprobleme, trotzdem will er nicht operieren. Fahren jetzt 1 Woche ans Meer, vielleicht bessert es sich. Liebe Grüße