Wolfgang und sein Freund Toni schmieden ja schon lange den Plan, mit dem Rad nach GRADO zu fahren und – wenn möglich – weiter nach TRIEST zu strampeln. PULA wäre als optimistisches Endziel angedacht. Mit dem WoKi als Servicefahrzeug ist schon mal für etwas Komfort gesorgt. Start ist in Mallnitz, bis Grado sind es knapp 300 km, die sollten in 4 Tagesetappen zu schaffen sein. Wenn bloß das Wetter durchhält – und die Kondi…eh klar 😉
17. – 28. Juni 2019
Der Startschuss fällt pünktlich am Montag um 7.46h am Bahnhof Hallein.
Zuerst mit der S-Bahn nach Golling, dann soll es mit dem Railjet weitergehen bis zur Tauernschleuse Böckstein/Mallnitz.
Und da fängt es schon an sich zu spießen.
Vom Scotty (ÖBB-App) bekam ich vorweg die Info „Fahrradmitnahme möglich!“
Hinterlistig verschweigt er mir aber, dass der Drahtesel im Railjet ausschließlich mit Reservierung mitgenommen wird. Mein erboster Anruf bei der ÖBB bringt die Erkenntnis, dass für heute, morgen, übermorgen…alles ausgebucht ist. Das wirbelt unser Konzept zwar gehörig durcheinander, aber wir sind ja lösungsorientiert.
Also fahre ich mit dem WoKi nicht, wie geplant, über den Tauern und Katschberg nach Villach, sondern rasch nach Golling und klaube die 2 Gestrandeten samt Rädern auf. Dann reisen wir halt gemeinsam nach Böckstein.
Denn – und das ist der Clou der Sache – für die Auto-Mitnahme braucht man keine Reservierung, sagt die ÖBB – logisch?
Im Stundentakt fahren hier in Böckstein die Züge ab. Rauf mit dem WoKi auf den Waggon, es passt gerade noch unter das Verdeck.
Pauschal € 17,- löhnt man dafür, egal wieviele Menschen im Fahrzeug sind – oder Fahrräder, die sind jetzt auch egal…logisch?
Für Mensch und Tier gibt es einen eigenen Waggon, denn man darf nicht im Fahrzeug sitzen bleiben. Klar, das ist wirklich logisch 😉
12 Min. später sollten wir in Mallnitz wieder von der Autoschleuse abfahren. Sollten!
Das erste Auto der Reihe am Waggon, ein nigelnagelneuer BMW, streikt. Das Auto macht keinen Mucks! Automatikgetriebe – anschieben unmöglich – da muss der ÖAMTC her und es vergeht wieder wertvolle Zeit bis die 2 aufsatteln können.
Irgendwie verhext die Geschichte!
Anstatt um 9.55h starten die beiden nun um 12.15h zur ersten Etappe, sie ist ca. 80 km lang.
Anfangs geht es steil und kurvenreich bergab ins Mölltal.
Flora und ich cruisen ganz gemütlich hinunter bis zum Stausee, weiter nach Spital an der Drau und kommen schon am frühen Nachmittag bei unserem Treffpunkt in Villach an. Den Campingplatz Gerli haben wir dafür vereinbart, das Internet sagt, dass er verkehrstechnisch günstig liegt und ein Restaurant für das leibliche Wohl sorgt.
Man (bzw. Frau) begrüßt uns überaus freundlich, wir stellen uns auf und versuchen es uns gemütlich zu machen. Immer beäugt von den Nachbarn, die es nicht fassen können, dass aus diesem Gefährt nur Frau und Hund aussteigen.
Der Platz ist etwas seltsam, mit vielen Dauercampern, die ihr Sommerquartier noch nicht bezogen haben, was jedem CP einen etwas eigenartigen um nicht zu sagen heruntergekommenen Eindruck verleiht.
Irgendwie „a bissal spooky“ da – aber wir haben ja keinen Urlaub gebucht hier.
An der Burg Falkenstein im Mölltal mit der Falkensteinbrücke für die Eisenbahn führt der Radweg vorbei.
Von den 2 Pedalrittern kommen eher schlechte Nachrichten, es ist nicht sicher ob sie es bis Villach schaffen. Sie haben 2 starke Kontrahenten. Den Gegenwind und den Faktor Zeit.
Ich brauch nicht zu erwähnen, dass sie es trotzdem geschafft haben 😉
Sie kommen zwar etwas gerädert, im wahrsten Sinne des Wortes, aber glücklich nach anstrengenden 82 km an. Mittlerweile ist es halb 7h abends.
Essen und Trinken bringt wieder alles ins Lot und stärkt für die nächste Etappe. Für Toni gibt es sogar einen Wohnwagen zu mieten. Ende gut, alles gut!
Villach – Tarvis – Resiutta im Kanaltal, das ist die nächsteTages-Tour. Dort habe ich einen schönen Stellplatz schon vorweg ausgekundschaftet. Der sollte unser abendlicher Treffpunkt werden.
Derweil sich die 2 abstrampeln – bis Tarvis geht nämlich der Radweg ganz schön steil bergauf – stöbern Flora und ich ein wenig im Mercato de Tarviso herum. Ungaublich, was hier alles feilgeboten wird: Taschen, Schuhe, Gwand und Tandlzeugs. Erinnert eher an einen orientalischen Bazar.
Die Männer sind inzwischen in Tarvis eingetroffen, wir trinken gemeinsam Kaffee in einem netten Lokal und freuen uns allesamt, dass alles so gut läuft – inklusive Wetter !
Von nun an gehts auf der ehemaligen k.u.k. Eisenbahntrasse weiter, die zum Radweg ausgebaut wurde. Endlich bergab, so meint man, aber es ist noch eine Ansteigung zu überwinden, dann geht es hinunter ins Kanaltal.
Ab jetzt ist Genußfahren angesagt, denn die Trasse ist ausnehmend schön angelegt, führt durch viele Tunnels und immer entlang dem Tagliamento bzw. manchmal auch über Brücken hoch über dem Fluß.
Kleine, restaurierte Bahnhöfe laden zur Rast ein, sind aber z.T. privat bewohnt.
Unser heutiger SP liegt bei Resiutta, ca. 1 km in Ri. Val de Resia, direkt am Torrente de Resia. Ein idyllisches Fleckchen, schöner geht nicht!
81 km radeln die beiden heute.
Hier wollten wir eigentlich grillen und ein Lagerfeuer machen, aber Petrus schickt uns ein Gewitter.
Na gut, dann essen wir eben Thunfisch-Spaghetti, die ich vorsorglich schon von zuhause mitgebracht habe. Toni bezieht sein Quartier in Resiutta und kommt zum gemütlichen Tagesausklang zu uns an das schöne Plätzchen am Fluss.
Bald ist es wieder sonnig und warm, die Flora freut sich über den Abendspaziergang.
Aussichtsreicher Frühstücksplatz !
Die nächste Etappe soll bis Pradamano gehen, das ist ein kleiner Ort südl. von Udine.
Mittags erreicht mich die Nachricht, dass Wolfgang einen bösen Sturz hatte. In einer Allee, kurz vor Buje haben die Wurzeln den Beton aufgeworfen und für einen Abflug gesorgt. Mit schlimmen Folgen. Die gesamte linke Körperseite geprellt, aufgeschürft, einen Platten am Vorderrad, das war’s dann wohl mit der Radtour ;-(
Die Wunden werden von einem zufällig nachkommenden, ebenfalls radelnden, Arzt desinfiziert und versorgt, der kaputte Schlauch ausgetauscht und so treten die beiden noch heldenhaft in die Pedale bis zum Treffpunkt in Buje, wo ich sie schon mit heißen Würsteln und kühlem Bier erwarte – und mit der Tapferkeitsmedaille!!!
Zwar ist offenbar nichts Ärgeres passiert (zumindest keine Knochenbrüche) aber starke Prellungen an Hüfte und Schulter.
An ein Weiterfahren ist gar nicht mehr zu denken. Also wird der Sturzpilot samt Fahrrad im WoKi verstaut, wozu hat man schließlich ein Servicefahrzeug.
Die 27 km bis Pradamano radelt Toni alleine und wir erwarten ihn beim Agritourismo Masarotti, wo wir uns bei dem Weingut aufstellen und im Schatten seines hübschen Gartens das wohlverdiente Bier genießen – der Weinbauer hat eh nicht hergeschaut 😉
Hier werden die Wunden geleckt und beratschlagt, wie es weitergehen könnte. 48 km lang war die heutige Tagesetappe, jedenfalls für Wolfgang.
Das Weingut hat noch geschlossen, sperrt aber um 18h auf und hat dann friaulische Spezialitäten und natürlich besten Wein für uns. Auch ein Zimmer für den Toni.
Das versöhnt, hebt die Stimmung und macht zuversichtlich.
Wir werden überaus köstlich bewirtet mit feinstem Prosciutto, herzhaftem Käse und hausgemachter Frittata. Dass der Wein traumhaft gut geschmeckt hat, muss ich wohl nicht extra erwähnen.
Wein und gutes Essen haben die Wirkung nicht verfehlt, Wolfgang ist am nächsten Morgen wieder guter Dinge und steckt voll Tatendrang, eine echte Kämpfernatur – die Flora übrigens auch!
Die Fahrt geht also weiter, heute bis Grado, mit Zwischenstop in Palmanova und Aquileia.
Der Radweg ist nett angelegt, zwischen Weingärten und bäuerlichen Betrieben geht es in die historische Altstadt von Palmanova.
So sehen Helden aus 😉
Aquileia ist ein Muss für Geschichtsinteressierte, trotz Gluthitze. Man wandelt auf den Spuren der Römischen Kaiserzeit.
In der mittelalterlichen Basilika von Aquileia befindet sich das bedeutendste frühchristliche Fußbodenmosaik Italiens und die vielen archäologischen Ausgrabungsstätten haben Aquileia zum UNESCO Weltkulturerbe gemacht.
Flora und ich versuchen derweil in Grado einen CP zu finden, der Hunde akzeptiert.
Beim 3. Platz habe ich Erfolg, Punta Spin, ein riiiiesiges Camper-Areal.
Das behagt mir zwar gar nicht und auch die Tatsache, dass ich rundherum nur höre: „Seavas griaß di, bist aa do….“
Der Hausmeisterstrand????
Aber der junge Mann versichert mir, dass man hier sehr hundefreundlich ist, sogar einen eigenen Hundestrand gibt es. Na dann fress ma halt de Krot!
Einen Platz in erster Reihe kann ich auch noch ergattern, obwohl ja das verlängerte WE zu Fronleichnam ist, da bin ich für’s erste zufrieden.
Aufstellen, Kaffe trinken – und Prosecco. Logisch, muss ja auf meinen Helden anstoßen!
Jetzt wird der Strand inspiziert. Ok, das ist eher eine Lagune, also endlos flach, trüb und vergrast, das geht für mich gar nicht, weil ich ja schwimmen mag und nicht plantschen.
Wo ist der Hundestrand? Lt. Plan weiter rechts, da gehen wir hin, die Flora braucht Abkühlung. Der sogenannte Hundestrand ist ein Abschnitt mit Bergen von Seegras und allerhand anderem Zeugs, da lass ich nicht einmal den Hund hinein. Na gut, dann muss eben noch ein Prosecco her und eine Dusche für den Hund.
In der Zwischenzeit kommt Wolfgang und muss erst einmal seinen Kopf kühlen, heute stehen 70 km auf dem Tacho und 36° am Thermometer.
Wir packen den Griller aus und lassen es uns gut gehen. Trotz schmerzenden Prellungen war heute ein guter Tag, aber ein Rasttag würde jetzt passen.
Wir faulenzen am Platz im Schatten, weil schwimmen im Meer geht ja nicht. Toni radelt von seim Quartier in Aquileia zu uns und so verbringen wir gemeinsam einen erholsamen Tag.
Am Abend fahren wir mit dem Bus nach Grado, die Stadt hat sich herausgeputzt für die vielen Touristen. Unendlich viele Lokale bieten feines Essen an, überall ist schön gedeckt, hübsch anzuschauen.
„Dolce Vita“ wie man es sich von Italien erwartet.
So sieht der Strand bei Ebbe aus.
In der Früh kommt eine Raupe, die schiebt das ganze Seegras und sonstigen „Schlaaz“ in Richtung Hundestrand, dort türmt sich alles auf und stinkt zum Himmel. Das ist also die vielgepriesene Hundefreundlichkeit ;-(
Dafür bezahlen wir für 2 Nächte fast € 100,- !!!
Klar, hier wird alles geboten, und zwar nicht bloß 1 Pool, gleich 2 riesige Planschbecken, Animation ohne Ende für jedes Alter, Vergnügungspark, Fitcenter, Yoga am Strand, Restaurants, Bar, Supermarkt, das kostet halt.
Hätten wir das gebraucht???
Wir ziehen weiter, Triest wäre das Ziel. In der Früh kündigt sich schon ein Gewitter an, prompt erwischt es die Beiden. Sie werden pitschnass, bis sie einen Unterstand finden. Das Wetter bleibt unberechenbar und so radeln sie noch bis Miramare bei Triest, dann ist, nach 48km, Schluss mit Lustig. Die nächste Gewitterfront naht und so gibt es hier einen guten Abschluss.
Flora gratuliert zur erfolgreichen Tour Alpe-Adria!
330 km sind es geworden ( für Toni etwas mehr!) Eine tolle Fahrt mit einigen Hindernissen aber ein schönes Erlebnis für die Radbegeisterten. Sie schmieden schon neue Pläne 😉
Toni fährt mit dem Zug nach Hause, wir gönnen uns noch ein wenig Auszeit.
Wo?
In Rovinj!
Jahrzehntelang!!! war das unsere Destination für einen Badeurlaub, der 1x im Jahr sein musste. Grad ein paar Tage, für länger würden wir es ja eh nicht aushalten an einem Fleck.
Am Abend nach Rovinj radeln, durch die hübsche Stadt schlendern, auf den Felsblöcken am Pier den Sundowner genießen, am Markt einkaufen, Radtouren durchs Hinterland machen…..das hat schon was.
Am CP in Valalta fühlten wir uns schon wie zuhause, bis uns die ganze Anlage zu überdimensioniert wurde, alles reglementiert, denaturiert, der schöne Strand zubetoniert, damit die Liegebetten und Sonnenschirme in Reih und Glied Platz haben, da war es Zeit Abschied zu nehmen. 2015 waren wir zum letzten mal dort.
Der stadtnahe CP Porton Biondi ist uns ebenfalls bekannt und wir wissen auch, dass er modernisiert und erweitert wurde. Da checken wir ein, finden einen netten Platz mit schöner Sicht auf den historischen Kern – und 180° Meerblick, versteht sich!
Rovinj ist fußläufig erreichbar und der Hund kein Problem. Nicht einmal am Strand. Hier geht es gemütlicher zu.
Wir haben nette Nachbarn – links aus Spanien, vor uns aus Schweden, hinter uns aus Italien, und rechts von uns aus Ungarn. Man bemüht sich schon in der Früh, in der jeweiligen Landessprache, ein fröhliches „Guten Morgen“ zu wünschen.
„Buenos días – god morgon – buongiorno – jó reggelt !“
Genau so mögen wir das!
Flora darf im glasklaren Wasser schwimmen, und das tut sie mit Begeisterung!
Wir haben unsere Liebe zu Rovinj wiederentdeckt, für einen Kurzurlaub ist die Stadt und das saubere Meer einfach ideal.
Der Fischmarkt bietet eine gute Auswahl, die Goldbrasse schmeckt hervorragend, alles andere natürlich auch.
Am Abend gibt es den obligaten Gin Tonic am Strand mit Blick auf Rovinj.
Wolfgang macht noch eine ausgedehnte Radtour zum Limsky-Fjord, die Flora und ich genießen die Hängematte im Schatten, es ist extrem heiß geworden.
So brechen wir nach 6 Tagen unsere Zelte ab und freuen uns auf den Sommer zuhause.
Auf die Berge, den Fuschlsee oder das kühle Bluntautal!
Am 31. August ziehen wir wieder los, Richtung Kreta !
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