Nach über 8 Jahren „Abstinenz“ sind wir also wieder in Nord-Afrika. Unser erstes Ziel wird Chefchaouen, die Blaue Stadt sein. Dann weiter nach Fes, zu den Gerbern und Färbern. Am Weg in den Süden wollen wir die Gegend um Imilchil erkunden, bevor der Erg Chebbi ruft. Endlich wieder Wüstenluft schnuppern! Wie immer, gibt es nur einen groben Plan, wir lassen Land und Leute auf uns zukommen.
1. – 6. April 2018
In Algeciras bringt uns das Navi sicher zum großen Stellplatz neben dem Ticketshop. Dem legendären Ruf von Carlos sind auch wir gefolgt, für Overlander offenbar ein Muss. Wirklich??
Natürlich, wir werden freundlich und kompetent beraten und bedient, der nette junge Herr druckt mir auch noch meine „Fiches“ aus, die ich zuhause vergessen habe, aber am USB-Stick geladen sind. Sehr zuvorkommend. Dann bekommen wir das obligate Geschenk, eine Flasche Rotwein und einen Kuchen. Dafür lohnt es sich nicht herzufahren, aber deswegen sind wir auch nicht gekommen.
Für € 200,- sind wir dabei, Hin und Rückfahrt, eh klar. Unsere Vorfreude ist gewaltig, das macht hungrig und durstig. Der Platz versprüht wenig Charme, aber wir packen die Sessel raus, setzen uns in die Sonne und genießen. Die neuen Bilder der kleinen Flora tun ihr übriges zum Rundum-Glücklichsein. Schon so groß geworden….
Nun fahren wir also doch nicht ganz hundelos, gedanklich ist sie schon dabei.
Heute ist Ostersonntag, wir stehen zur Unzeit auf (6h früh) weil wir die Fähre um 8h nehmen möchten.
Also sind wir schon um 7h im Hafen, wie befohlen. Wenige Autos, hauptsächlich Marokkaner, sowie 3 WoMos nehmen die Fähre und mit einer halben Stunde Verspätung legen wir ab.
Die Überfahrt bei schönstem Wetter ist in 1 1/2 Std. erledigt, jetzt dürften wir uns eigentlich über eine geschenkte Stunde freuen (die uns aber am Zoll gleich 2fach abgenommen wurde)
Juhuuu, wir sind in Afrika!!!
Alles läuft ganz easy hier auf dem neuen riesigen Hafen von Tánger med. Polizeikontrolle, kein Thema, wir haben ja alle Formalitäten am Schiff erledigt. Der Stempel ist im Pass. Zum Zoll geht es gut 1 km nach oben, lauter freundliche Beamte. Den gelben Zettel ausfüllen, noch a bissal warten, und noch a bissal….bis auf 2 franz. Wohnmobile und wir sind alle abgefertigt.
Plötzlich heißt es aussteigen, mitkommen, with passport !?!?!
Warum ???? Kann keiner sagen! Willkommen in Afrika 😉
Ich bewache inzwischen das Auto, wir haben ja keinen Hund mehr. Nach 20 Min. tut sich noch immer nichts, auch nicht nach einer Stunde… Jetzt beginnt die Stimmung zu kippen.
„We go back to Spain“ schimpfen wir lautstark – und was mir sonst noch alles über die Lippen kommt, erzähle ich lieber nicht. Die verstehen eh kein mühlviertlerisch! Auch die Konversation in Englisch ist schwierig, da sind wir froh, dass wir die Franzosen auf unserer Seite haben.
Es gibt Probleme mit der Polizei (mit irgendeiner Nummer) aber die Polise will einfach nicht hochkommen zu uns. Wegen 3 Womos schon gar nicht!!!
Dann fahren WIR hinunter! Vorschlag angenommen, wir fahren alle 5 im Womo des Franzosen zum „Chef de Groupe“ der Polizei, dann löst sich alles auf. Der Uniformierte und Dekorierte klopft etwas in seinen Computer, murmelt immer welcome, welcome….na geht doch! Nach 2 1/2 Std. wird’s aber auch Zeit.
Oben beim Zoll ist die Erleichterung bei den Beamten so groß wie unsere, der junge Mann will mich mit Keksi versöhnlich stimmen, denn ich bin noch immer am Schimpfen.
Keep smiling – welcome to Marocc, it‘s ok !
Chefchaouen, die blaue Stadt ist unser erstes Ziel hier.
Die Fahrt durch das Rif-Gebirge gefällt uns ausnehmend gut.
Wir nehmen den stadtnahen CP. Die Lage ist toll, aber der sonnige, große Platz mit Aussicht auf die Umgebung ist zur Gänze mit Weißware belegt. Schattenplätze gibt es genügend, aber wir brauchen Sonne. Mein Schnüffelhase findet schlußendlich den perfekten Platz an der Sonne, inmitten einer Blumenwiese. Zufriedenheit macht sich breit 😉
Alles andere ist sehr rudimentär, aus der Dusche kommt nur kaltes Wasser, macht nix, willkommen in Afrika!
Am nächsten Tag geht es zu Fuß in die alte Stadt. Es ist noch früher Morgen, sie erwacht erst. Wir werden von einer jungen Frau begleitet, die wir angesprochen haben um nach dem Weg zu fragen. Sie ist hier zu Besuch bei ihren Eltern, lebt aber in Agadir, freut sich über unser Interesse, so herzlich, neugierig und aufgeschlossen.
Die Medina mit ihren malerischen, verwinkelten Gassen und den blau-weiß gekalkten Häusern muss man gesehen haben.
Natürlich ist man hier auf Touristen vorbereitet, jede Menge Souvenirs und Tandlzeugs….aber niemand ist aufdringlich.
Der Bäcker schenkt uns sogar einen Fladen Brot als wir ihm ein paar Kekse abkaufen möchten. Gerade aus dem Ofen geholt. Heiß, gut !
Das Wetter ist auch gut, wenngleich ein wenig unberechenbar. Blauer Himmel, 20° etwas Wind, eine warme Jacke tut gut.
Noch ein Kaffeeplausch mit unseren netten Nachbarn vom CP, Judith und Roman sind auf Motorradtour hier in Marokko. Sie erzählen uns von der Abzocke am Hafen wenn man noch kein Ticket hat und von nervigen Wichtigtuern. Da war das Ticketbüro Carlos doch goldrichtig.
Für uns geht es weiter zum nächsten Highlight Fes.
Man kann an der Stadtmauer problemlos parken, das haben wir gelesen, aber nächtigen wollen wir dort nicht. Also doch den CP außerhalb der Stadt und mit dem Taxi rein. Heute will ich nur noch eine SimCard für meinen Internetzugang kaufen. Eine komplizierte Angelegenheit! Wir winken ein „Petit Taxi“ heran, der Taxler weiß nicht genau wohin er uns bringen soll, aber der junge Mann, der gerade aussteigt kann uns weiterhelfen. Er meint, die MarocTelecom Läden haben schon geschlossen, nur der im großen Einkaufszentrum nicht. Das ist allerdings am anderen Ende der riesigen Stadt. Schon hält er ein Auto auf und eine nette Frau nimmt uns einfach mit, bringt uns hin und wünscht gute Reise. Ohne Bezahlung natürlich!
Die SimCard krieg ich nach einigen Diskussionen mit dem älteren Herrn im Shop, aber sie funktioniert nicht, weder im Router, noch im iPhone. Er konnte od. wollte mir auch nicht helfen, daher flüchten wir wieder aus einer shopping mall, die uns staunen lässt. Ein riesiger Carefour, Nespresso, Body Shop, alles vertreten und das Publikum bunt gemischt. Sehr traditionell oder sehr westlich.
Die Heimfahrt war gleich wie wir hergekommen sind. Der Taxifahrer versteht schon wieder unsere Adresse nicht, diesmal will uns eine junge Frau helfen. Ein Auto mit 2 jungen Mädchen hält an, sie ist mit ihnen zum shopping verabredete. Aber zuerst bringen sie uns nach Hause. Bis vor die Haustüre!
Geld? Nein, das kommt ja gar nicht in Frage. Shukran!
Am nächsten Tag nehmen wir uns die Medina von Fes vor. Sie ist riesig und ich will gar nichts darüber erzählen, es gibt genug Geschriebenes davon.
Man sollte darauf achten, einen „offiziellen Führer“ zu nehmen, weil dich alle anderen nur in die Souvenirläden schleppen. Wir werden sogleich von Abdul angesprochen, der hat sofort einen Ausweis parat und schwört bei allem was denen heilig ist, uns in keinen von diesen unzähligen Läden im Bazar zu dirigieren. Alles nur Ware aus China, hat nichts mehr mit marokkanischer Volkskunst zu tun, meint er.
Er redet wie ein Wasserfall, sein Englisch ist gut und so bekommen wir viele interessante Informationen über diese riesige Medina, in der man sich als Fremder schnell verlaufen kann.
Schlußendlich landen wir doch in ein paar Läden, wo er versichert, dass diese Ware hier erzeugt od. bearbeitet wird.
Dabei kann man auch zusehen, natürlich auch kaufen, aber kein Problem, wenn nicht.
So machen wir das auch. Meistens, jedenfalls!
Wer nun glaubt, wir wären ohne Teppich aus dem Laden gekommen, der kennt den Wolfgang nicht….aber gehandelt hat er wie ein Marokkaner ;-))
Als Tierfreund hat man es schon sehr schwer hier in Marokko.
Natürlich bringt er uns auch zu den Gerbern. Den Gestank fand ich jetzt nicht so schlimm, aber die Vorstellung unter welchen Arbeitsbedingungen die hier arbeiten müssen, oder gar der Gedanke an die Umwelt macht mich nachdenklich!
Trotzdem sehr, sehr faszinierend…
…und doch ein wenig beängstigend! In welchem Jahrhundert leben wir eigentlich??
Man wird nicht belästigt, wenn man einen Führer dabei hat und Abdul erweist sich echt als Glücksfall. Ich erzähle ihm von meinem Internetproblem, er kennt gleich um die nächste Ecke einen typischen Handy-Laden mit 2 jungen Marokkanern, beim ersten Eindruck nicht sehr vertrauernserweckend, aber nach ein paar Telefonaten funktioniert die SimCard wenigstens im iPad. Immerhin!
Abdul bringt uns zum Schluss mit seinem eigenen Auto zum CP. Weil wir so viel Spaß miteinander hatten – meint er und da hat er recht. Es war wirklich lustig mit ihm.
Soviel Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft? Ich glaube, ich muss mein Bild von den Marokkanern etwas überdenken. Ich habe aufdringliche Händler und aggressiv bettelnde Kinder im Kopf. Bisher haben wir nichts davon erlebt.
Von Fes geht es weiter nach Azrou durch den Forêt de Cèdres. Den großen Zedernwald mit seinen Affen kennen wir bereits, daher ist Midelt unser nächstes Ziel.
Der Cirque de Jaffar mit seinem legendären Ruf (schon wieder eine Legende 😉 lockt alle Overlander, denn die Gorges de Jaffar sind wirklich anspruchsvoll. Sie sind ja erst Mitte Mai zu befahren und wir hätten auch nicht ernsthaft erwägt unserm WoKi das zuzumuten, aber den Einstieg hätten wir halt schon gerne gesehen. Wir probieren es von der Ostseite, denn der liegt ja am Weg Ri. Imilchil, unserem nächsten Ziel.
Bei Tizi-n-Zou rumpeln wir ein wenig in der Gegend herum, freuen uns, endlich keinen Asphalt, sondern Sand, Schotter und vor allem Staub um uns herum zu haben – schon ein seltsames Völkchen, diese Off-Roader 😉
Der Wolfgang meint links, ich meine rechts, also nehmen wir die mittlere Piste.
Die endet genau bei einem Bauern, der sich nicht genug wundern und freuen kann über unseren Besuch. Wir sollen mit ihnen Tee trinken und essen, das können wir leider nicht annehmen. Es ist schon späterer Nachmittag und unser Programm hat noch ein paar offene Punkte. So freuen sich die Frauen über ein paar Süßigkeiten und der junge Mann begleitet uns noch mit seinem Fahrrad um uns den Weg zum Cirque de Jaffar zu zeigen.
Der meint natürlich die Passstraße und so lassen wir die Gorges.
Wir machen uns auf über den Berg mach Midelt, eine genußvolle Offroadstrecke, schmal und steinig, immer dem Bergkamm entlang, dazwischen tolle Ausblicke auf das weite Tal bei Midelt.
Am Schluss gibt es noch eine Herausforderung für Auto und Fahrer, denn in dem breiten, steinigen Oued den richtigen Weg zu finden ist eine kniffelige, aber zu meisternde Aufgabe.
Wir schlafen heute im Ksar Timnay, weil wir gelesen haben, dass sich hier die Offroader treffen.
Aber am dazugehörigen CP hat sich eine deutsche Gruppe mit Weißware etabliert, wir sind also wieder einmal die Exoten mit unserer Dreckkiste.
Passt schon ;-))
Heute geht es nach Imilchil, so der Plan. Also nochmals Ri. Cirque de Jaffar, weil wir über Tagoudit und Ahemzi ans Ziel kommen möchten. Was auf uns zukommt wissen wir noch nicht.
Wir fahren schon ein gutes Stück, vorbei an Tagoudit, wundern uns über den Zustand der „Straße“.
Egal, noch genießen wir die Fahrt. Wir sehen schon, dass der Fluß in diesem Frühjahr mit dem extremen Wetter viel angerichtet hat, bleiben aber zuversichtlich. Als plötzlich die Straße ganz weggerissen ist und nur ein schmaler Ersatzweg weiterführt, wird meine Nasenspitze schon etwas bleich.
Wir sehen uns die Situation zu Fuß an, Wolfgang meint das geht und für solche Abenteuer bin ich ja auch leicht zu überreden. Wir probiern‘s !
Mein einziger Einwand, dass es ev. nicht das einzige Hindernis sein könnte und wir alles retour müssen, wird gar nicht gehört. Also dirigiere ich meinen Piloti zentmeterweise darüber, manchmal passte grad ein Löschpapier dazwischen.
Ich schicke ein Stoßgebet zum Himmel, vielleicht hört mich ja jemand, aber die sind alle weit weg, zum Niederknien hab ich keine Zeit, also müssen wir die Misere selbst lösen. Und das schaffen wir auch! Weil Frauen gerne Recht haben, kommt das was kommen muss: Straße ganz weg, nur mehr Eselweg ;-((
Schon das Umdrehen auf dem schmalen Pfad mit unserer großen Kiste verbraucht mein Potential an Nerven, dann kommt noch die Engstelle. Aber schließlich sind hier Profis am Werk, einer am Lenkrad und der andere beim Wacheln, ja, wir sind ein gutes Team.
Noch schnell in den Kühlschrank geschaut ob auch genug Bier eingekühlt ist, hinaus zur N 13, Imilchil mag uns nicht, und umgekehrt auch. Jedenfalls heute nicht!
Wir fahren weiter südlich durch die wunderschönen Oases du Ziz um am kleinen CP Tissirt, inmitten eines Palmengartens unser wohlverdientes Bier genießen zu können.
Ein Spaziergang durch die Oase mit ihrer üppigen Vegetation entspannt, wir kommen uns vor wie im Garten Eden (ausgenommen dem Dresscode, eh klar 😉
Es hat schon über 30° und jetzt sind wir endgültig very, dirty und very, very happy !
Kuschli läbäss – alles gut!
PS: Sind jetzt an der Küste, nachdem wir 5 anspruchsvolle, aber unglaublich fantastische Tage im Erg Chebbi u. Erg Chegaga verbrachten. Wir hätten in unseren kühnsten Träumen nicht auszumalen getraut, dass wir mit dem WoKi nochmals in diesen Genuß kommen.
Neugierig auf die nächste Geschichte? Wir würden uns freuen – kann aber etwas dauern 😉
Weiterlesen Teil 4