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Afrika / Marokko 2018

#4 – Mit „Berber GPS“ durch den Erg Chebbi

Ab Rissani kommt langsam Wüstenfeeling auf, wir nehmen Kurs auf Merzouga. Dort wollen wir natürlich in den Dünen des Erg Chebbi testen, ob wir die Ostumfahrung machen können und welche Piste am Weg in den Westen für uns möglich ist. Wir sind neugierig und gespannt, wie sich das WoKi im Sand verhält. Unsere nächsten Ziele sind Zagora / M’hamid und Foum Zguid.

6. – 11. April 2018
Wir wollen uns in der Medina von Rissani ein wenig umsehen, aber es ist schier unmöglich, als Tourist nicht an jemanden zu geraten, der Dich in sein Geschäft locken will. Wir sind ja neugierige Menschen, das alte Haus in der Medina ist voll mit alten Schätzen aus vergangenen Zeiten, sowas interessiert uns immer. Zudem erzählt uns der junge Mann, dass sein Vater im Buch von Erika Därr namentlich erwähnt und abgebildet ist. Erst als es ums Eingemachte ging, nämlich dem Kauf von Teppichen und/oder Anderem ziehen wir Leine. Dabei hätte der Wolfgang so einen schönen alten Krug gesehen, der plötzlich fast gar nichts mehr gekostet hat, als wir am Gehen waren. Aber altes Porzellan und Offroad verträgt sich nicht.

Wir schlendern noch ein wenig um im Souk herum und rollen auf Merzouga zu. Schon von Weitem sehen wir die großen, rot-gelb schimmernden Dünen, die sich hinter der Wüstenoase erheben.

Bis zu 200m können sie hoch werden, so lese ich das. Imposant!
Merzouga lebt vom (Wüsten)Tourismus, das merkt man gleich. In einem netten Restaurant essen wir Tajine, trinken unser erstes marokkanisches Bier, bisaha!

Wir sitzen im klimatisierten Raum, draußen bietet man schon 34°!
Die nächste Überraschung wartet gleich eine halbe Stunde später auf uns. Wir müssen wenden, weil wir nicht ins Zentrum, sondern gleich Ri. Taouz wollen. Da bleibt ein Toyota stehen – halloooo, hallooo unser lieber Freund Selim aus Salzburg, was für ein netter Zufall.

Aber jetzt ab in den Sand, wir brennen förmlich drauf. Die Ostumfahrung bzw. die Umrundung des Erg Chebbi hätten wir uns für den Anfang ausgedacht, optimistisch!!!
Mfis, die alte Minenstadt wäre demnach heute noch zu erreichen.

Den Einstieg schaffen wir problemlos, da macht unser Navi noch mit. Ab dann meint sie penetrant „bitte zur markierten Route begeben“,  irgendwas mach ich falsch beim Navigieren, ich weiß nicht was.
Ok, wenn das ihr einziger Vorschlag ist, dann – Lautsprecher aus ;-(
Der Reifendruck ist schon reduziert, wir müssen jetzt einmal ein wenig „eini-gspürn“ wie sich WoKi und Sand vertragen. Und wie !!!
Phantastisch !!!

Mia werd’n ganz narrisch vor Freud!

Man könnte glatt vergessen, welchen Rucksack wir hinten drauf haben.
Wir werden immer mutiger, criusen im Sand herum und suchen uns einen Nachtplatz inmitten der schönen Dünen. Mfis kann warten.

Weil der Wind etwas auffrischt, suchen wir ein geschütztes Plätzchen, fahren noch ein paar Dünentäler entlang und finden ein verlassenes Fort.

Mein Gott ist das schön!!!

Hinter dieser Mauer verstecken wir das WoKi, setzen uns in die Sonne, marschieren auf die höchste erreichbare Düne und sind jetzt einmal nur still, dankbar und glücklich.

Am nächsten Tag hat sich der Wind beruhigt, wir fahren nach dem Frühstück nochmals raus auf die Teerstraße und versuchen unser Glück erneut.
Zuerst muss der Reifendruck wieder aufgepumpt werden.

Jetzt landen wir in Taouz, das ist wieder falsch aber trotzdem goldrichtig. Wir treffen Mohamed!
Als die Straße zu Ende ist steht er da, wir fragen ihn, er kann leidlich gut englisch.
Die Südroute nach M‘Hamid und Foum Zguid ???
„Too heavy“, sagte er immer, auf das WoKi deutend, und meint wahrscheinlich zu groß, zu schwer. Es gibt 2 Stellen, die für uns IMPOSSIBLE sind.
Fech fech und Mountains. Ok ☹️
Ob wir denn keine MichelinKarte dabei haben, fragt er. Nein ;-(
Er hat. Wir fahren hinter ihm her zu seinem Haus, er zeigt uns die 2 schwierigen Etappen auf seiner Karte und auch das Buch von Edith Kohlbach, wo er als empfohlener Führer beschrieben ist. Und wärmstens empfohlen. Er kann nach seinen eigenen Angaben weder lesen noch schreiben, aber er kann die Landschaft lesen. Und wie! Schließlich war er 20 Jahre Nomade.
Zudem spricht er außer Arabisch und Französisch noch Spanisch und ein ganz passables Englisch. Hut ab!
Er kennt auch jeden Stein hier. Die Fossilien mit Namen und wo man sie findet. Das ist unser Mann. Er bringt uns zu den Felsgravuren und zu den Fossilienfundstellen bei den Gesteinsabbrüchen.

Wir kommen vor lauter: mahhh schau….gar nicht mehr zum Nachdenken ans Gewicht, so viele tolle Stücke finden wir.

Auch in einen Stollen dürfen wir gehen, wo wir mit Stirnlampen sehen können, welche unterirdischen Schätze hier verborgen sind. Überall glitzert es und es wird auch noch gearbeitet. Hauptsächlich findet man hier Vanadium.

Jetzt sind wir steinreich.

Wolfgang findet, dass der Tag noch etwas Äktschn braucht – mich hat ja wiedereinmal keiner gefragt 🤪

Er spiel nochmals „WoK-verstecken“ aber die Grube ist zu klein.

Beim Rückwärtsfahren ist das Loch plötzlich da 😱 Endlich habe ich auch einmal ein Foto für Euch, das spektakulärer aussieht als es war. Meistens ist es ja umgekehrt!
Also, das WoKi passt nicht hinein, es muss es wieder raus.
Bevor wir noch zu schuften beginnen und Steine unterlegen kommt ein LKW, schwups, WoKi raus – meine Nerven weg!

Da freuen sich die 3 Männer, dass alles ohne den geringsten Schaden abgegangen ist, von meinem seelischen Trauma spricht niemand – typisch.
Nach 2 Bier ist auch dieser Schaden behoben!
Jetzt gibt es eine Einladung der Familie von Mohamed zu Tajine, dazu Tee, ein ereignisreicher Tag geht zu Ende.

Wir schlafen direkt im Dorf bei seinem Haus, niemand stört oder belästigt uns.

Die Mädels sind neugierig und so süß!

Mohamed gibt uns noch Einblicke in den Alltag einer Familie! Eine Zeitreise…

…hier wird täglich Brot gebacken. Sein Nachbar schneidet, schleift und poliert die Steine.

Er ist auch bereit, Wolfgangs Lieblingsfundstück mit dem schönen Amoniten zu bearbeiten, da hat so ein selbstgefundener Stein gleich doppelt so viel Bedeutung  für uns.

Auf die von Mohamed vorgeschlagene Erg Chebbi Umrundung freuen wir uns besonders.
Er fährt mit „ Berber GPS“ meint er verschmitzt, das reicht für ihn. Vor dem Dorf Khamlia geht’s hinein auf die Piste, dann zu den Dünen und jetzt beginnt der Spaß erst richtig. Wir verlassen die gespurte Piste und er zeigt uns einen schönen Weg über die Dünen, das WoKi arbeitet wie ein Profi, selbst die tiefen Weichsandpassagen sind kein Problem.

Ok, einmal müssen doch die Sandbleche raus….

Jetzt ist auch Mohamed überzeugt, dass wir die südliche Route schaffen können.
„Good car, good driver“ meint er.
Eine Fb-Message von Edith Kohlbach überzeugt uns endgültig, sie meint, Mohamed zeigt uns einen Weg über den Sand, den keiner kennt (sie ist schon mit ihm gefahren) und genauso war es auch.
Wir machen uns also auf in den Westen. Die Streckenführung können wir getrost dem Mohamed überlassen. Aber dann bin ich ja arbeitslos?? Auch gut, ich genieße!

Mohamed kann, wie gesagt, die Landschaft perfekt lesen und so kommt sein „slowly“ – was sich immer anhört wie „slaaauli“ – rechtzeitig vor jeder Bodenwelle, bevor wir sie überhaupt noch sehen können. „Slaaauli“ wird schon zum Running Gag auf der ganzen Reise 😅
Es gibt nochmals Felsgravuren zu sehen, und weil wir uns eh die Füße ein wenig vertreten müssen, steigen wir hinauf.



Der Rest wäre eigentlich mit 3 Wörtern erzählt, aber ich bin ja nicht zu bremsen…..
ES WAR GROSSARTIG!!!!
Der Nachtplatz ist wie erhofft, traumhaft!

Rauf auf die Düne, dann schmeißen wir Gemüse und Fleisch auf den Grill. Fleisch und Bier natürlich nur für uns. Mohamed ist ein sehr gläubiger Mensch.


Später macht er Lagefeuer, dann noch Tee für uns. Er erzählt ein wenig aus seinem Leben, sehr interessante Geschichten….

Auch am nächsten Tag geht es genussvoll weiter. Die Weichsandpassagen sind kein Thema für WoKi und Driver, aber sehr anstrengend.

Wir sehen in der Ferne eine tolle Dünenabfahrt mit Spuren im Sand. Wolfgang meint: Das wär schön!!! Ich meine: Na, bitte ned, des schaffen ma nia !!! Da hören wir schon Mohameds Stimme: If you want???

Tatsächlich findet er einen Weg zur Düne und Wolfgang steht im Genuss!!!

Die Mittagsrast machen wir bei einer Auberge, hier ist mächtig viel los. Es wird eine Hochzeit gefeiert und viele Familien haben sich versammelt.
Dank Mohamed sind wir gleich mittendrin, wir werden eingeladen mit ihnen zu essen und dürfen uns ein wenig umsehen. Leider möchten die wunderschön herausgeputzen Mädchen und Frauen nicht, dass wir sie fotografieren. Schade, aber das ist zu respektieren.
Dafür posiert der Chef der Gruppe gerne für ein Foto!


Spuren im Sand….

Noch eine Rast in Ramlia, einer Wüstenoase.

Das ursprüngliche, traditionelle Südmarokko!


Dann kommt die nächste Herausforderung, die 2 Pässe, bevor wir in Tagounit nach der 2. Tagesetappe unser Nachtquartier aufschlagen werden.
Es ist sehr, sehr steing und steil, sowohl die Auffahrt, als auch die Abfahrt und als dieser Tag zu Ende geht sind wir ziemlich geschafft, aber glücklich.

Alles gut gegangen, auch die Reifen haben diesen hohen Anforderungen stand gehalten, von Toyo und Kabine einmal ganz zu schweigen.
Wir nächtigen in Tagounite am CP, der Tag mit knapp 200 reinen Offroad-Kilometern macht uns erneut dirty but happy !
Der nächste Tag bringt erst einmal Genußfahren. Rein in den Erg Chegaga!

Und wieder hat Mohamed eine ganz besondere Route für uns!

Wir fahren im Oued Draa, schon sehr nahe der algerischen Grenze, hier ist es ziemlich heiß, aber der Wind frischt wieder auf. Durch schöne Dünentäler geht die Fahrt weiter, wir besuchen einen Freund von Mohamed, wo wir zum Tee eingeladen sind.



Den Nachtplatz müssen wir hinter einer großen Tamariskengruppe finden, der Wind lässt nicht nach.

Aber hier gefällt es uns!

Mohamed bäckt Brot im Sand für uns, sogar gefüllt mit Gemüse und richtig gut marokkanisch gewürzt.

Ein herrliches Abendessen.


Unser letzter gemeinsamer Tag soll uns nach Foum Zguid bringen.
Noch haben wir ein paar schöne Sandpassagen, bevor es hinausgeht auf die große, steinige und rumpelige Ebene des Lac Iriki.
Erst geht es ein Stück entlang des Djebel Bani, dann verlassen wir die Rumpelpiste und biegen ab in den Süden. Hier ist die Piste gut und das Panorama großartig.


Eine steile Ab- und Auffahrt in einem Oued lässt uns staunen über unseren Böschungswinkel. Hätte nicht gedacht, dass wir hier klaglos durchkommen.

Die Bergkette des Mdouer Srhir gibt eine tolle Kulisse.

Noch eine lange Ebene ist zu durchfahren, brettleben, nur Akazien gibt es hier – und Steine, Steine, Steine…. Dann landen wir in Foum Zguid.
Nach knapp 650km ist unser Wüstenabenteuer zu Ende. Wir können unser Glück kaum fassen, nie hätten wir gedacht, dass wir mit dem WoKi solch tolle Passagen fahren können. Wir haben es gewagt, weil uns Mohamed begleitet hat, weil er immer wußte, was geht und was nicht. Er hat Auto und Driver gefordert, aber nie überfordert. Shukran!
Wir verabschieden uns sehr herzlich von unserem lieben Freund Mohamed, wir haben ihm viel zu verdanken.

Und jetzt mach ich etwas, was ich sonst im Blog nicht mache.
Werbung für einen netten, emphatischen Menschen, der nie aufdringlich, stets hilfsbereit, einfach ein lieber Mensch ist. Und er kennt die Gegend wie seine Westentasche.
Seine Tel.Nr. mit int. Vorwahl: +212 670 359092
Das Buch von Edith Kohlbach kann ich auch empfehlen, viele Touren sind sehr gut und genau beschrieben.

Am CP heißt es einmal, das Allergröbste putzen und waschen, dann brauchen wir eine Auszeit. Die Seele jubelt, aber Körper und Geist fühlen sich gemartert. Wir sind müde. Unser Hunger nach Wüste und Offroad ist erst einmal gestillt. Oder wieder geweckt????

Mach mal Pause? Wo? Am Meer natürlich.
So geben wir dem WoKi nochmals die Sporen und reiten gen Westen. In ca. 500km ist es soweit, wir landen am CP Erkounte südl. Mirleft. Auf diesem CP finden wir alles was wir jetzt brauchen. Saubere Toiletten und Duschen mit reichlich warmen Wasser – und neue Freunde 😊

Luftlinie wohnen wir gerade mal 15km von zuhause entfernt. Mit ihrem Bremach haben Renate und Wolfgang schon die halbe Welt bereist, waren z.B eineinhalb Jahre unterwegs in Afrika. Dementsprechend kurzweilig ist unser gemeinsamer Abend und dass wir uns nicht nur hier in Marokko wiedersehen werden, ist gleich einmal beschlossene Sache!

So, jetzt habe ich Euch zugetextet, mir die Begeisterung von der Seele geschrieben. Unsere Reise geht weiter, das Offroad-Abenteuer auch! Das ist natürlich eine andere Geschichte, spannend und entspannend!

Salam Aleikum, heute schon aus Marrakesch!

Weiterlesen Teil 5

In jedem Fall spannend ist die Entwicklung der kleinen Flora!
Wir können es kaum erwarten….