4. – 9. April 2015
Van – Dougubayazit – Grenze – Bazargan – Thaddäus-Kloster – Khoy – Orumiyeh – Tabriz – Kandovan.
Bei der Anreise zur iranischen Grenze bzw. zum Treffpunkt mit unseren Freunden legten wir ein ziemliches Tempo vor, das soll sich jetzt ändern.
Hier am Van See gönnen wir uns also den ersten Ruhetag (Karfreitag) der Karsamstag ist für das berühmte Van-Frühstück reserviert, ein vorverlegter Osterbrunch sozusagen. Diese Tradition wird hier großgeschrieben, die Lokale sind von Einheimischen gut besucht und wir frühstücken mit den Freunden unserer Reisefreunde.
Das Wetter bestätigt die Regel vom launischen April, mal scheint die Sonne, dann stürmt und gewittert es nach allen Regeln der Kunst. Es verspricht Besserung, also beschließen wir, auf meinen ganz persönlichen Wunsch, nicht den Grenzübergang gleich östl. von Van zu nehmen, sondern über Dougubayazit bzw. Bazargan (Iran) einzureisen. Ich hege die Hoffnung, den Ararat doch noch in voller Größe bewundern zu können, das war uns ja im Vorjahr nicht vergönnt. In Van trinken wir noch einen Cappuchino in einem sehr modernen Cafe, mit WIFI, versteht sich, damit wir wieder „uptodate“ sind.
Den wunderschönen Nachtplatz am nördlichen Ende vom VanSee meinen wir leicht zu finden, er ist in guter Erinnerung von der vorjährigen Kaukasusreise. Es wäre nicht schwierig gewesen, aber der Bauer hat einfach den Weg ein Stück umgeackert, es bleibt uns die Zufahrt zum Seeufer verwehrt. Dann bleiben wir halt einfach davor stehen, so hat uns der Osterhase wenigstens nicht übersehen, das Osternesterl ist wie ein Gruß aus der Heimat.
Ein Pass mit 2.644m bringt uns aus zartem Frühlingserwachen brutal in den Winter zurück.
Viel Schnee und Temperaturen um den Gefrierpunkt!
Und plötzlich steht er da, der biblische Riese!
5.137m wächst er aus der Ararat-Ebene heraus, in voller Größe und im schönsten Licht. Seine schneeweißen Flanken heben sich vom tiefblauen Himmel ab, da soll man nicht staunen!! Auch der Kleine Ararat zeigt seine 3.896 m bald unverhüllt, das ist ja ein tolles Ostergeschenk!
Vor dieser ergreifenden Kulisse machen wir unsere letzte Mittagsrast in der Türkei, es ist wunderbar warm, sonnig und wir 2 Frauen bedauern, dass wir gerade jetzt das Kopftuch werden tragen müssen.
13h ist es mittlerweile, das ist die passende Zeit für den Grenzübertritt, so kommt uns vor. Allerdings schwant uns beim Näherkommen schon Böses.
Kolonnen von Kleinbussen (Dolmuş) – das Transportmittel für Mensch und Kramuri – stehen in 3er Reihen vor dem engen Gatter, das nur für eine Fahrzeugbreite offensteht. Gleich werden wir von Geldwechslern umgarnt, für € 100,- bietet man 3.100.000,- iranische Rial, so reich waren wir noch nie.
Die ersten türkischen Stempel haben wir bald im Pass, beim nächsten Schalter befiehlt man uns „wait“ dann sagt die Beamtin zu uns „finnished„!
Aber das Kufsteiner Auto muss retour zum „X-Ray“, keine Ahnung was das ist…. warum und weshalb…und was soll das Ganze überhaupt??? Warum wir nicht???
Wir suchen und finden gemeinsam den gewünschten Terminal, hier klärt sich alles auf. Stichprobenartig müssen manche Fahrzeuge zum Röntgen. Na also, alles ok, aber jetzt heißt es wieder zurück an den Start. So nach und nach kriegen wir die Info’s, warum es heute so chaotisch ist. Der kleine Grenzübergang ist geschlossen, gut, dass wir ihn nicht genommen haben. Nach Stunden stehen wir endlich vor dem schmalen Gatter, aber immer noch in 3er Reihen. Hier herrscht offensichtlich das Faustrecht, ein gesetzloses Territorium, selbst Ansätze von Höflichkeit sind verschwunden, es gilt das Recht des Stärkeren. Niemand läßt auch nur einen Zentimeter frei, es entsteht ein erbitterter Kampf um die mittlere Spur. Auch Wolfgang muss sich seinen Platz erzwingen, dabei geht er mit einem uralten Peugeot zu sehr auf Tuchfühlung bzw. auf Rücklicht-Fühlung. Klirrr…..oder wir halt altes Plastik zerbricht;-@
Na super – endlich stehen wir an vorderster Front und dann das!!!
Der junge Mann palavert lautstark, Wolfgang holt einen Polizisten zu Hilfe. Der regelt das auf seine Art. Er deutet uns, dass das alles kein Problem sei und dem jungen Mann, dass er sich nicht aufregen soll. Ok, wir hätten ihm auch was bezahlt für sein Plasikteil, das war aber gar nicht im Sinne des Polizisten.
Nachdem er uns überraschend und höflich auch noch den Vortritt veschaffte, haben wir dann endlich nach über 5 Stunden die türkische Seite hinter uns,
Aber das Tor zum Iran bleibt fest verschlossen. Ist Gebetsstunde? Oder machen sie schon Feierabend?
Nichts bewegt sich, es ist ja mittlerweile 7h abends (im Iran stellt man die Uhr nochmals um 1,5 Std. vor) und wir sind fast sicher, dass wir hier im Niemandsland übernachten müssen.
Da machen wir einfach das Beste draus – ich rufe zur Weißwurstparty!
Die Würstel sind schon heiß, das Bier ist offen (wir sind ja noch nicht im Iran!) da hebt sich der Geräuschpegel. Es kommt Bewegung in die Massen, und das geht im Orient nicht ohne laustarke Diskussion.
Ein iranischer Beamter deutet uns – wir, ja wirklich wir dürfen vorfahren! Ich stelle schnell die Würstel in die Abwasch und das Bier in den Kühlschrank (weil ich dachte, es geht eh wieder nur 5 Meter!) da werden wir schon freundlich begrüßt:
WELCOME TO IRAN!
Die sehr gut englisch sprechenden Zöllner erklären uns, welche Papiere sie benötigen und wo wir als nächstes vorstellig werden müssen. Was für ein Unterschied zu den türkischen Beamten (jedenfalls bei diesem Grenzübergang, wir machten sonst keine schlechten Erfahrungen) Jetzt ist auch das „dicke gelbe Papier“ gefragt (Carnet des Passage) es wird gestempelt und beschriftet, aber nichts kontrolliert (z.B. der Fahrzeugwert, den wir ja sehr niedrig angegeben haben, oder die Motornummer) auch die Inspektion vom WoKi ist sehr oberflächlich, ein kurzer Blick genügt, das Bier im Kühlschrank (und wo sonst noch;-)) darf also einreisen!
Dann noch durch die Desinfektion mit dem WoKi und nach über 6 Stunden sind wir endlich im Iran!
Auch der (selbsternannte?) Tourismusmanager sagt im Minutentakt „welcome to Iran“ und natürlich, dass wir bei ihm zum besten Kurs wechseln können. Er bietet für € 100,- schon 3,300.000,- Rial an.
Im Auto unserer Freunde begleitet er uns noch ca. 2 km, dann machen wir den Rial-Deal. Für die Desinfektion bezahlen wir ihm 100.000,- Rial, sage und schreibe € 3,29, sogar mit Rechnung, und für den „Customer“ € 35,- (die gehen jetzt wahrscheinlich in seine Tasche, weil ohne Rechnung) uns ist es egal, für seine Freundlichkeit zahlen wir gerne etwas.
Jetzt ist es stockfinster, wir sind in Grenznähe, das behagt uns gar nicht. Ein gutes Stück aus der Stadt hinaus und schon nach dem Abzweig zu unserem ersten Ziel am Montag finden wir einen Parkplatz mit ein paar abgestellten LKW. Ganz passabel!
Sogleich kommen 5 Männer, begrüßen uns herzlich „welcome to Iran“ wird ein geflügeltes Wort. Sie bringen uns einen 20l Kanister mit Wasser und erklären, dass wir ihre Duschen und Toiletten benützen dürfen.
Merci, so sagt man auch im Iran zu „danke“ und „Autriche“ scheint sowieso eine Zauberformel zu sein, da zucken sogar bei den Uniformierten die Mundwinkel nach oben.
Am nächsten Morgen besorgt man uns Brot, ohne Bezahlung natürlich, und wir machen uns auf – zum nächsten Kloster!!!
Hier im Norden gibt es ein Weltkulturerbe, das wir nicht versäumen möchten, bevor wir uns dem Zauber von 1000 und einer Nacht hingeben.
Am Weg dahin glänzen schon die ersten Moscheen und Minaretts.
Das Thaddäus-Kloster war von zentraler Bedeutung für die armenischen Christen im Iran. Auch dieses Kloster zeugt vom hohen Niveau der armenischen Baukunst. Reliefs erzählen Geschichten aus der Bibel, Pflanzenornamente, sowie Tier und Heiligendarstellungen sind wahre Meisterwerke.
Für den Eintritt berappen wir allerdings IRR 300.000,- das sind fast € 10,- für 2 Pers. dabei hatten wir die Info aus dem Internet, dass hier nur Cent-Beträge aufgerufen werden. Ja, ja das Internet….oder die Inflation…..erst später lese ich, dass es seit 2013 unterschiedliche Eintrittspreise für Touristen und Einheimische gibt. Diese bezahlen wirklich die Cent-Beträge.
Wir stellen uns etwas oberhalb des beeindruckenden Klosters auf eine Wiese für die Mittagsrast und bekommen gleich wieder Besuch. Erst von Hunden, dann von Kindern und später von anderen Wallfahrern, die unbedingt mit uns ein Foto machen möchten. Fesche Mädels, die Iranerinnen, selbst mit Kopftuch!
Heute schwinge ich mich erstmals im Iran hinters Steuer, sehr zum Erstaunen der IranerInnen und zum Missfallen meines Beifahrer. Aber nicht wegen meinem Fahrstil (oder….Wolfgang ???) aber die Männerwelt im Iran ist diesbezüglich etwas zart besaitet. „Mann“ fühlt sich gleich einmal degradiert. Ich gebe nach einer Stunde auf und nehme die den Frauen zugedachte Position am Beifahrersitz ein, mit Kopftüchl, versteht sich!
Aber als Navigator bin ich ja auch arbeitslos, unser Navi funktioniert nicht! Ich habe zuhause ein App für das iPad heruntergeladen, aber das findet keine GPS Punkte. Na ja, vielleicht werde ich im Internet noch schlau und einstweilen verfolgen wir halt das Kufsteiner Kennzeichen!
Wir nächtigen in den Bergen kurz vor Khoy, sehr idyllisch, sogar mit Badegumpe (Bewässerungsbecken) für die Herren und die Hunde, für mich gibt es eine herrliche Außendusche, es hat noch 20 Grad hier auf 1.700m.
Das nächste Ziel ist Orumiyeh mit dem überdachten Bazar, angeblich einer der größten im Iran. Wir hätten schon den perfekten Parkplatz gehabt, grad ein paar Meter zum Eingang, da spricht uns ein iranischer Veterinär an – er ist von Leon und Vunny so beeindruckt.
Er will uns einen besseren Parkplatz zeigen, wir sollen ihm nachfahren. Es folgt eine endlose Stadtrundfahrt, bis wir bei seinem privaten Haus stehen. Nun wollen alle (Frau, Kind, Bruder….) die Hunde sehen, aber jetzt stehen wir meilenweit vom Bazar entfernt.
Irgendwie haben wir es dann doch wieder geschafft einen zentralen P zu finden, wenngleich die Ein- und Ausfahrt millimetergenaue Maßarbeit war.
Im Bazar umfängt uns gleich orientalisches Flair, wir saugen Düfte, Farben und Geräusche förmlich ein, schön langsam kommen wir an in diesem spannenden Land!
Wolfgang ist entsetzt über so viel fettes Hammelfleisch
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Den Nachtplatz finden wir in der Nähe vom gleichnamigen Salzsee, heute singen uns die Frösche ein Schlaflied.
Den OrumiyehSee wird überquert, und zwar über einen 15km langen Damm in Richtung Tabriz.
Der See ist ca. 6x so groß wie der Bodensee, hat aber riesige Umweltprobleme, z. T. wegen ineffektiver Wasserwirtschaft. So ist der Salzgehalt von 30 auf 40% gestiegen und die Wasseroberfläche hat um 80% !!! abgenommen. Demzufolge haben viele WasserVogelarten ihre Lebensräume verloren, sie finden nur mehr riesige Salzkrusten vor.
Uns beeindruckt er trotzdem, er trägt die passenden Farben zum salzigen Weiß, nämlich türkisblau und smaragdgrün in allen Schattierungen.
Bei der Mautstelle winkt man uns durch, wir sind hier Gäste, merci!
Die Tankstellen mit Diesel sind nicht gerade häufig, wir werden oftmals von freundlichen Iranern hingelost.
Jetzt finden wir eine Tankstelle an der Straße, der Tankwart tankt mit seiner Karte (ohne die gibt es keinen Sprudel) und verdient sich ein schönes Taschengeld. Er will von jedem von uns IRR 500.000,- wir bekommen 78 l, unsere Freunde nur 55 l. Das sind bei uns knapp 20 Cent und bei Anneliese und Günther sogar 30! Für den Iran sauteuer! In Grenznähe kann das sein, so haben ich es gelesen. Wo? Im Internet natürlich ;-P
Vunny und Leon haben viel Spaß mitsammen.
Tabriz ist der Hammer schlechthin, will man mit dem Auto, oder gar mit dem WoKi in der 1,9 Mio. Stadt zentrumsnahe parken. Die Welt gehört den Mutigen und so kämpfen wir uns durch bis wir knapp vor dem Eingang zum Bazar auf einem bewachten Parkplatz stehen. Jetzt können die Hunde im Auto bleiben und wir schlendern durch den sehr lebendigen und riesigen Bazar.
Wir staunen über das Warenangebot und das geschäftige Treiben, es ist nach wie vor ein wichtiger Umschlagplatz für Waren aller Art.
Ein deutsch sprechenen Iraner bietet sich als Führer an, er lotst uns gleich zu den antiken Teppichen, wie hat er bloß so schnell in Wolfgangs Herz geschaut? Wunderschöne Exemplare sind dabei – ABER – kein Platz, kein Bedarf, kein Geld – 3 gute Gründe!!!
Dafür ist ein knurrender Magen ein guter Grund um Essen zu gehen. Wir finden in dem Bazar ein Lokal, wo man uns sehr magere Lammfleischspieße und Hühnchen serviert, dazu Reis und – jetzt staunt die Welt – ich habe Cola dazu getrunken. Wie sagt man so schön: In der Not frisst da Teifö d’Fliagn…
Gestärkt machen wir uns auf zu einem Besuch der Blauen Moschee, der geht nur mit einem relativ langen Fußmarsch durch die Stadt, jetzt dürfen auch Leon und Vunny mit. Das Aufsehen, das wir mit den Hunden verursachen ist unglaublich, zumeist freundliche bis belustigte Neugierde, aber auch viel Angst (nicht nur bei Frauen und Kindern)
Die Ausfahrt von Tabriz setzt noch eins drauf, es ist „rush hour“!
Bravo, Wolfgang kann ich da nur sagen und natürlich auch bravo Günther, der uns souverän hinausgelotst hat.
Richtung Kandovan finden wir einen Nachtplatz auf einer Hochebene, windig, aber nicht kalt. Es besucht uns ein neugieriger Schafhirte mit seinen 4 Hundewelpen, dann schlafen wir etwas windgebeutelt aber sicher bis zum nächsten Morgen. Der ist für einen Besuch in Kandovan vorgesehen, gleich nach dem Frühstück geht es los. Das pitoreske Städtchen erwacht gerade, wir sind vorerst die einzigen Gäste. Hier ist man schon etwas auf (heimischen) Tourismus eingestellt, es ist das „Klein-Kappadokien“ vom Iran.
Aber anders als in der Türkei, wo der museale Charakter überwiegt, leben hier die Menschen wirklich noch in ihren Höhlenwohnungen (unschwer an den Sat-Schüsseln zu erkennen) auf 2.200m und manche verdienen sich ein Zubrot mit dem Verkauf von Souvenirs und Nützlichem, so wie z.B. einem Gilet aus Kamelhaar für Wolfgang um 250.000 IRR (€ 7,50) und einem handbedruckten Seidentuch für mich um IRR 200.000,-
Am Weg zurück auf die Hauptstraße, machen wir in Osku Halt, wo wir uns mit Brot und Wasser versorgen möchten. Sofort werden wir wieder von neugierigen Menschen umringt, auf der Suche nach WIFI nimmt mich ein junger Iraner in seine Praxis mit, er ist Dentist und spricht gut englisch. Ich nehme nur sein WIFI in Anspruch und stelle fest, dass der Geruch beim Zahnarzt im Iran gleich unangenehm ist wie Zuhause. So kann ich also kurz meine Mails checken, für mehr reicht die Zeit nicht, die anderen warten ja auf mich.
Immerhin habe ich die vielen Rückmeldungen gelesen, sei es als Gästebucheintrag, als Kommentar oder Mail.
Ihr macht Euch keinen Begriff, wie sehr uns Fernwehgeplagten die heimatverbindenden Grüße freuen. Wir bedanken uns ganz herzlich bei jedem einzelnen, es ist schön zu lesen, wie viele begeisterte Mitreisende wir haben!
Merci und khoda hafez!
PS: Wer in Zukunft per automatischer E-Mail über unsere neuen Beiträge (wie es zB auf der Reise weiter geht, …) informiert werden möchte, der kann sich ganz unten im schwarzen Bereich auf der Website eintragen.
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