Weiter geht es jetzt nach Osten, wir haben das Valbona-Tal mit den Staussen der Drin als Ziel. Hier kann man wandern und die Seele baumeln lassen. Die Straßenverhältnisse sind so ausgelegt, dass man sich Zeit nehmen sollte für die Strecke zum Grenzgebiet vom Kosovo. Hier zeugen viele schreckliche Industrieruinen von ebenso schrecklichen Zeiten. Die Enver Hoxha-Bunker sind allgegenwärtig.
25. bis 27. September 2013
Nach der Stadt der 1000 Stufen (Gjirokaster ) und der Stadt der 1000 Fenster (Berat) haben wir jetzt das Tal der 1.000 Kurven. Und das ist maßlos untertrieben!!!
Wir fahren von Shkodra ins Valbona Tal. Man kurbelt sich auf bestem Asphalt zunächst hoch und wieder ins Tal bis Puke.
Dort stürzen wir uns ins Marktgetümmel, finden sogar einen Bäcker mit frischem, richtig guten Brot. Weißbrot halt – sonst gibt’s hier nix!
Dazu 2 SchokoCroissant und 2 „Zwiebelkuchen“ mit Gemüse, Käse….noch ganz heiß, so groß, dass einer für 2 gereicht hätte. Für das Alles löhnt man € 1,45 !
Bei unserem Bäcker kriegst du dafür maximal ein Zipferl vom Kipferl.Das Obst- und Gemüseangebot ist üppigst….
Wolfgang in seinem Element!
Und dann wieder bergauf, bergab bis Fushe Arres. Die Stadt ist so hässlich, dass wir nur staunen können. Wie können Menschen nur so leben?
Sie wohnen in den typischen Enver Hoxha Wohnsilos wie die KäfigHühner. Man kriegt Gänsehaut.
Ehemals eine Bergbaustadt, zeugen jetzt nur mehr hässliche Industrieruinen davon.
Die Grausligkeit kann kein Foto wiedergeben…
Weil uns das so beschäftigt, übersehen wir den Abzweig. Das Hinweisschild ist nahezu unlesbar. Erst 30km und gefühlte 100.000 Kurven später bemerken wir den Irrtum. Man fährt ja faktisch durch unbesiedeltes Gebiet. 100.000 Kurven wieder zurück und die 100.000 ins nächste Tal. Es geht hier zur Grenze zum Kosovo, aber kaum Verkehr. Gut so, denn die Straße ist zwar asphaltiert, aber einspurig.
Dazwischen hat man schöne Ausblicke ins Tal, wo die Drin bis Kukes gestaut ist.Früher konnte man mit einer uralten, fast kultischen Autofähre den Koman Stausee hochschippern, sie ist jetzt eingestellt. Jedenfalls für Autos.
Über den Staudamm – dann sind wir endlich in Fires, unser Sprit geht nämlich zur Neige. Ab jetzt ist die Straße wieder 2spurig, tadellos.
Was aber in Albanien nichts heißt. Unvermittelt und ohne Vorwarnung hast du plötzlich Schlaglöcher, oder einfach gar keinen Asphalt, nur gropa gropa (Loch an Loch)….
500m weiter, oder erst nach ein paar Kilometer ist wieder normale Fahrbahn. Die Straßen sind oft verschüttet, weil hier kein Hang gesichert wird. Oder es fehlt die Hälfte, weil abgerissen, unterspült. Solange noch eine Autobreite übrig ist, rührt man keinen Finger. Die Abbruchstellen werden mit ein paar Steinen markiert, die Verschüttungen mußt du halt selber rechtzeitig sehen, oder den fehlenden Kanaldeckel.
Obwohl schon spät, wollen wir noch versuchen ins Valbona Tal zu fahren. Hier gefällt es uns nicht und wir finden keinen hübschen Nachtplatz. Ja, unser Niveau ist schon ziemlich hoch.Ein Kalkbrennofen bei Fires.
Der Weg nach Valbon ist ab dem Abzweig Barjam Curri (26km) Schotterpiste, aber problemlos befahrbar. Die letzten ca. 6 km sogar wieder geteert. Am Ende des Asphaltbandes gibt es eine Gaststätte, dort kann man auf dem Parkplatz stehen, lt. Führer. Das gefällt uns aber auch nicht.
Die Valbona (eigentlich ein kleiner, türkisblauer Gebirgsbach) hat sich hier ein riesiges Schotterbett gemacht. Auch ein Bett für uns ??? Allrad rein, und raus auf die „Schotterriesn“
Jetzt geht die Sonne schon unter, noch sind ein paar Gipfel beleuchtet.
Es wird frisch draußen, wir heizen ein, machen uns ein feines Essen und stellen fest, dass wir in Europa noch nie so einen Sternenhimmel gesehen haben (Sternschnuppe inklusive).
Der nächsten Tag ist endlich Ruhe- und Wandertag. Trotzdem wird noch vor dem Frühstück gesiedelt. Wolfgang entdeckt beim Gassi gehen mit Vunny eine wunderschöne, ebene Wiese.Hier ist der Blick auf die Berge noch freier. Wir ziehen die Wanderschuhe an, Vunny freut sich wie verrückt.
Ganz hinten im Talschluss gibt es noch ein paar Häuser. Manche unbewohnt, verfallen. Einige sind aber noch bewohnt, auch wenn man es vorerst nicht glauben kann. Das „Dorf“ heißt Rragam, man kann es mit Geländewagen erreichen (man fährt eigentlich im Schotterbett die 4 km zurück). Wir treffen ein paar Franzosen, die sich mit ihren aufgemotzten Toyotas den Spaß gönnen. Das hätten wir auch geschafft, sind wir uns einig. Aber heute wird gewandert.
Wieder treffen wir einen jungen Mann, er führt und zu seinem Haus. Unterwegs klaubt er ein paar Äpfel auf. Wir dürfen uns an seine Hausbank setzen, das Schaffell als Unterlage bringt seine Schwester.Jetzt darf es Kaffee sein? Oder Bier, albanisches? Auch selbstgebrannten Raki ? Wir essen erstmal die Äpfel, zuckersüß! Der Kaffee schmeckt schon recht afrikanisch. Dann bringt er uns einen halben Kürbis, über Feuer geröstet, außen ganz schwarz. Man löffelt ihn aus der Schale und er erinnert mich im Geschmack an Kartoffeln, die wir als Kind über dem Feuer gebraten haben.
Ich will wissen wie er den Raki macht!
Er zeigt mir ganz stolz die Maische und den Brennkessel, wo der Schnaps gebrannt wird. Die Maische ist in der Plastiktonne, den Brennofen benutzte sicher schon sein Urgroßvater.Die Schwester hat im Nebengebäude gerade eingeheizt, sie bäckt Brot. Natürlich muss ich dann seinen Raki auch probieren, obwohl noch vormittags.
Das ist hier so üblich, sagt er und er schmeckte trotzdem!
Man hält hier in Albanien die Schweine, wie bei uns die Hühner (die gibt’s natürlich auch). Sie laufen frei rund ums Haus, grunzen zufrieden. Vunny kann es gar nicht fassen, das kennt sie ja nicht. Ich glaube, sie wollte sie eh nur in den nicht vorhandenen Stall treiben…..man glaubt nicht, wie die rennen und quieken können!!!
Wir wandern bis zur Quelle, dann geht es zurück zum WoKi.Im Schotterbett finden wir viele Schafkadaver, schon halb verwest bzw. was die Raubvögel übrig ließen. Es muss schwere Unwetter gegeben haben, das die Schafe einfach mitgerissen hat.
Sehr Viele, grausig anzusehen.
Ein Ambulanzwagen steht plötzlich im Schotterbett. Daneben lagern ein paar Männer, sie machen offensichtlich gerade Mittag. Sie essen, trinken Schnaps – nicht zu knapp, wenn man die Menge der Flaschen ansieht – und heißen uns gutgelaunt wilkommen.
Wenig vertrauenserweckend – sowohl Auto, als auch Besatzung, da wollen wir lieber gut Acht geben, dass uns nichts passiert.Ich nerve Wolfgang lieber mit der Suche nach Schwemmholz und wir haben auch Beute gemacht.
Am Nachmittag liegen wir noch in der Sonne, es hat 26 Grad. Wolkenlos!
Die 100.000 Kurven fühlen sich am Tag darauf nicht mehr so arg an, aber wir sind froh, als wir wieder in Shkodra ankommen. Wir steuern nochmals unseren Campingplatz an. Dort werden wir schon wie alte Freunde von den Besitzen begrüßt.
Der Platz ist irgendwie ein Treffpunkt für IndividualReisende. Junge Mädels mit ihrem klapprigen VW Bus sind mit ihren ebenso klapprigen Rädern unterwegs. Ein Pärchen steht am Beginn einer einjährigen Weltreise. Fleißig werden Visitenkarten ausgetauscht und Reiseerfahrungen.
Die netten Schweizer Susanne und Ernest mit ihrem RiesenMAN – das Teil wiegt 10,5t ! – wollen wissen, wie der Weg nach Theth ist. Geht leider nicht, zu groß, zu schwer!!!
Wir sind glücklich über unseren Spagat zwischen Geländetauglichkeit und Komfort. Puncto Komfort können wir natürlich nicht ganz mithalten, denn das Ding spielt alle Stücke. Dafür punkten wir mit Beweglichkeit.Den letzten Abend in Albanien lassen wir in dem Lokal mit hervorragendem Essen ausklingen – ein wenig wehmütig.
Und jetzt das Resümee:
Wir haben uns ja spontan entschließen müssen, eine Alternative zum Kaukasus zu finden. Die Wahl Albanien haben wir nie bereut, ganz im Gegenteil, wir sind begeistert. Es ist ein sehr vielseitiges Land und irgendwie gegensätzlich. Ich war der Meinung, dass es ein sehr, sehr armes Land ist. Den Eindruck habe ich gar nicht mehr. Natürlich gibt es sie, manchmal erschreckend. Es gibt Vieles, wo man besser nicht hinschaut, und das ist nicht nur der Müll. Vor allem in den Städten wird eifrig gebaut. Auch sehr moderne, architektonisch ansprechende Gebäude, die könnten auch bei uns stehen.
Die Menschen sind so offen, freundlich, hilfsbereit. Auch neugierig! Wo kommt ihr her und warum?? Für einen Albaner unvorstellbar, dass wir aus „Austria, bravo, bravo, beautiful“….ausgerechnet nach Albanien auf Urlaub fahren. Sie sprechen durchwegs ein gutes Englisch, jedenfalls die Jugend. Die Kinder plappern mit einer Selbstverständlichkeit drauf los, das hätt‘ ich nicht erwartet.
Noch ist es günstig zu bereisen, aber die Bautätigkeit an der Küste läßt Schlimmes ahnen. Für ein paar Leke kriegst du ganze Säcke voll Obst und Gemüse.
In dem Zusammenhang fiel uns auf, dass es hier ganz, ganz wenige dicke Leute gibt. Kinder schon gar nicht. Auch das wird sich mit dem Wohlstand ändern.
Der Straßenzustand ist einen eigene Geschichte. Ich habe schon darüber geschrieben. Die Albaner sind durch die Bank gute Autofahrer, wenngleich etwas „wüde Hund!!“
Der Albaner liebt seinen Mercedes, jagt ihn aber völlig schmerzfrei über die ärgste gropa, gropa Piste. Vornehmlich auf deiner Straßenseite (weil ev. der Belag hier besser ist??) um ihn dann kurz vor deinem Herzinfarkt auf seine Seite zu reißen. Dafür gibt es dann alle gefühlte 500m eine Lavazh, will heißen “ Autowaschanlage“ Mercedes waschen scheint eine Lieblingsbeschäftigung zu sein.
Das Schönste aber ist, dass man überall willkommen ist. Man kann stehen, wo es einem gefällt, und fahren, wo ein Weg ist. Straßensperren oder Fahrverbotsschilder haben wir nicht gesehen, nicht einmal dort, wo man nun wirklich nicht mehr fahren kann, weil der Weg verschüttet, weggespült, oder einfach nicht mehr da ist!
Wichtig ist es, eine aktuelle Straßenkarte mitzunehmen, es ändert sich rasant!
Wir fahren bei Muriqan / Sokubin über die Grenze nach Montenegro, aber das ist eine andere Geschichte….
Gefahrene 295 km in 3 Tagen, das reicht! Gesamt 4.216 km und ein Kilometerstand von 24.915!
Zum letzten Mal Mirupafshim, auf Wiedersehen Albanien!
3 Kommentare
Franz
14. Februar 2015 at 8:34Servus!
Danke für die Antwort! Auf Google Maps ist der Übergang eingezeichnet. Ich hab mirs aber gedacht das hier wohl eher ein Fußweg verläuft. Wir haben einen Amorok aber ohne Wohnkabine. Geschlafen wird im Zelt oder bei den Bauern. Wir sind schon ziemlich aufgeregt und voller Vorfreude!! Am 14 Mai gehts los!!!!!!!
Franz
6. Februar 2015 at 16:06Servus!
Wir fahren im Mai nach Albanien. Vermosh steh auch auf unserem Plan. Es gibt anscheinend einen neuen Grenzübergang vom Kosovo südlich von Plav nach Cerem in Albanien. Auf diversen Karten ist die Straße bereits eingezeichnet. Wisst ihr zufällig ober der Übergang schon befahrbar ist?
Liebe Grüße
Franz
Maria
6. Februar 2015 at 20:59Hallo,
wir kennen nur den Grenzübergang VOR Valbon bei Bajram Curri zum Kosovo – Kasaj. Der ist sicher offen! Und auch die Grenze bei Vermosh zu Montenegro, Ri. Plav war zumindest damals in Betrieb. Wir können uns nicht wirklich vorstellen, dass es bei Cerem einen möglichen Grenzübertritt gibt – ist eine sehr entlegene Gegend!
Mehr können wir leider auch nicht sagen, außer der Gratulation zur Wahl vom Reiseland ;-))
Mit welchem Auto seid Ihr unterwegs? Der Weg nach Vermosh ist jedenfalls auf der albanischen Seite ziemlich heftig!
Liebe Grüße aus Hallein
Maria & Wolfgang